Full text: Grundlagen der Wirtschafts- und Handelspolitik

korrektesten Weise zu machen. Wenn Sie 
ıber im Staate alle diese Befugnisse ins 
Ministerium legen, so haben Sie dort die 
Quelle aller Zerrüttung der Demokratie von 
vornherein geschaffen. Deshalb vertrete 
ich die Auffassung, daß der Staat nur die 
politische Führung des Volkes zu über- 
nehmen hat, und daß er seine Aufgaben so 
viel wie irgend möglich delegieren muß an 
Selbstbewirtschaftungskörper irgendwelcher 
Art. Wenn diese Bewirtschaftungskör- 
per nun ihrerseits sich nicht als nackteste 
Interessenvertreter gebärden, sondern ihrer: 
seits versuchen, den Ausgleich zu finden 
zwischen den Spezialinteressen und den In: 
teressen der Gesamtheit, dann müßte natur- 
gemäß, sinngemäß und von selbst aus diesen 
Vertretern ein Gremium erwachsen, das in 
der Lage ist, die Bedingungen und die Pflich: 
ten und Auswirkungen der wirtschaftlichen 
Betätigung in viel klarerer Weise zu über: 
sehen und den letzten entscheidenden In: 
stanzen vorzutragen, als dieses bei einem 
systematisch geordneten Beamten-Apparat 
möglich ist. Deshalb glaube ich, daß der 
Reichsverband der Deutschen Industrie und 
die ihm angeschlossenen Verbände, wenn sie 
mit entsprechenden Geschäftsführern und 
‚entsprechenden Vorsitzenden : ausgestattet 
sind, wenn sie mit der notwendigen Ein: 
‚stellung zur Gesamtheit versehen, tätig sind, 
daß diese bei der zukünftigen Ausgestaltung 
‘unseres Staatswesens eine große Rolle 
spielen werden. Und ich glaube, daß die 
Quintessenz meiner bisherigen Tätigkeit 
darin liegt, gezeigt zu haben, daß man zwar 
ein Interessenvertreter den Behörden und 
den sonstigen Wirtschaftsstellen gegenüber 
kein kann, ohne aber die Interessen der Ge: 
samtheit irgendwie und irgendwann zu ver- 
pessen. (Lebhafter Beifall.) 
Vorsitzender Herr Geheimrat Dr. Duisberg: 
Wünscht einer der Herren das Wort zu 
diesen Ausführungen? 
Herr Dr. Behnsen: 
Meine Herren! Die Ausführungen des 
Herrn Dr. Bücher lassen erkennen, daß 
der Reichsverband der Deutschen Industrie 
sich mit der Frage unserer passiven Handels- 
»ilanz und mit der Frage, wodurch die deutsche 
Industrie dem Auslande gegenüber konkur- 
renzunfähig ist, in Zukunft näher befassen 
will. Ich begrüße diese Absicht, da die Er- 
kenntnis, die man aus der Prüfung dieser 
beiden Fragen gewinnen wird, für die Füh- 
‘ung der Geschäfte des Reichsverbandes 
on großer Bedeutung werden kann. 
Herr Dr. Bücher sprach den Glauben; 
us, daß die Reichsbank unter allen Umstäns; 
len unsere Währung stabil halten könne, 
venn sie die Kredite entsprechend be# 
ichränke. Diesen Glauben teile ich nicht; 
Nenn einmal der Augenblick gekommen ist} 
laß der Zufluß an Devisen bei der Reichs- 
ıaank die Nachfrage nicht deckt, und die 
3ank, um ihren Devisenbestand nicht allzu 
‚ehr anzugreifen, wieder zu Repartierungen 
ibergehen muß, ist die Mark für alle diejeni- 
jen, die aus der deutschen Währung in die 
‚usländische übergehen müssen, weil sie aus: 
ändische Zahlungsverpflichtungen haben, 
ıicht mehr vollwertig. Das können Sie an 
inem einfachen Rechenexempel ohne weiteres 
ırkennen: Angenommen, die Reichsbank ist 
wur in der Lage, 10 Prozent der angeforder: 
en Devisen zuzuteilen. Sofort wird der An- 
zauf von Devisen teuerer. Zunächst entsteht 
in .Zeitverlust in der heutigen Höhe von 15 
'rozent auf 10 Tage, da die Reichsbank ver: 
angt, daß der volle Markbetrag, für den 
nan die Devisen haben will, sofort ange: 
:chafft wird. Dieser Zinsverlust macht 2% 
7rozent aus. Vermag die Reichsbank nur 
. Prozent zuzuteilen, so steigt der Zinsver- 
ust auf 5 Prozent. Sollte zu gleicher Zeit 
‚uch der Zinsfuß steigen, so wird der Zins: 
zerlust noch größer. Hierzu kommen die er: 
ıöhten Spesen, die die Banken für den Anz: 
zauf der Devisen rechnen. Bei Repartierun- 
jen von 10 Prozent müssen die Banken auf 
lie Umwandlung der Reichsmark in Devisen 
lie Arbeit zehnmal anwenden, bei 1 Prozent 
ıundertmal. Es ist klar, daß sich dadurch 
lie Bankspesen erhöhen. Aus diesem Rechen: 
»xempel ergibt sich, daß auch bei gleichem 
<urs, der an der Berliner Börse zwangsweise 
'estgehalten wird, die Anschaffung der aus- 
ändischen Zahlungsmittel gegen Reichsmark 
sich teurer stellt, als wenn die Zuteilung 
»>hne Repartierungen sofort voll erfolgt. Bei 
len ausländischen Börsen führt diese Ver: 
'euerung des ausländischen Geldes zu einer 
ıiedrigeren Notierung der deutschen Mark, 
la ja die ausländischen Börsen irgendwel:- 
‘hen Zwangskursen nicht unterworfen sind. 
Jm dieser Mindernotierung entgegenzuwirs 
:;en, muß die Reichsbank intervenieren und 
lamit ihren Stock an Devisen angreifen. 
Nird die Bezahlung der ausländischen De- 
risen. teuerer, so werden auch die ausländi: 
schen Rohstoffe, auf die einzelne Industrien 
n Deutschland angewiesen sind, in demsel: 
)jen Maße teuerer. Dem höheren Einstande
	        
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