in die sozialen Tatsachen!. Wenn wir glauben, einen
Begriff allein durch seine sinnfälligen rationelen Merk—
male bestimmen zu können, so irren wir leicht. Erst
wenn wir auf die irrationelle Seite schauen, auf die
Krafte, in die wir alle verflochten sind, auf die sozio⸗
logischen Gegebenheiten, gewinnen wir einen Stand-
punkt. Wenn ich paradox sein will, so möchte ich sagen,
daß wir, solange wir objektiv und unbefangen denken,
das Gesetz schlechter anwenden, als wenn wir in Por⸗
urteile verstrickt sind, das heißt als Glieder des Ganzen
denken. Dies beweisen die Ausdrücke „herkömmlich?,
»üblich“, für den Berufsstand charakteristisch“, in der
Natur der Sache liegend“?, „nach gemeinem Sprach;
gebrauch“s, und degl, mit denen die Praktiker so gerne
operieren und sich stets dann aus der VPerlegenheit zu
helfen suchen, wenn eine rein sormalistische Entscheidung
ihrem Gefühl widersprechen würde. All diese Ausdrücke
setzen den Praktiker, der das Leben zu gestalten berufen
ist, gdem Spott des wissenschaftlichen Dogmatikers aus,
dem alle irrationalen Elemente wegen der Unwoͤglichkeit,
sie logisch einzuordnen, unbequem sind. Denn jene Per-
legenheitsphrasen sind ja alle dazu da, um das soziolo⸗
gisch Notwendige dem dogmatisch Einfacheren entgegen⸗
zusetzen, m. a. W. das trotz seiner Irrationalität Ein«
leuchtendere dem logisch Klareren vorzuziehen.
Betrachten wir nun von diesem Gesichtswinkel aus
lhejenigen Leute, die sich in Wort oder Schrift für eine
Diesen Gedanken hat neuerdings AR. Geiler in Jeinem Aufsatz
Die — Methode im Gesellschaftsrecht· S. 80
Ausdruck gebracht. Jene Ausführungen passen volls⸗
tandig hierher.
B. Rg. Str. Bd. 36 8. 306. Ueber die Phrase „Natur der
Sache · hat Radbruch Rechtsidee und Kistoff na 350)
eine für uns beachtenswerte Bemerkuug geinacht· ¶ Nach dJer
Natur der Sache entscheiden heißt, sich ãͤen Sinugehalt solcher
sozialer Lebenstatsachen zu eigen machen uud phãnomenologisch
zu Ende denken“.
So R. G., Entsch. in Zivilsachen. Bd. 1 8. 266.