Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

NATURHISTORISCHES MUSEUM 
Von H. Rebel. 
Innerhalb des ersten Dezenniums der Republik 
Österreich hat auch das Naturhistorische Museum, 
welches aus dem hofärarischen Besitz in jenen des 
Bundes überging und dem Bundesministerium für Un- 
terricht unterstellt wurde, mannigfache Veränderungen 
und wertvolle Neuerungen erfahren. In organisatorischer 
Hinsicht wurde der Wirkungskreis der Abteilungsleiter 
wesentlich erweitert, die Stelle eines Intendanten auf- 
gelassen und dafür, nach einer kurzen Periode 
kollegialer Verwaltung, ein vom Bundespräsidenten 
arnannter erster Direktor bestellt, welcher mit der 
Vertretung des‘ Museums nach außen und der Füh- 
rung aller den Abteilungen gemeinsamen Angelegen- 
heiten betraut erscheint. Dem ersten Direktor steht 
lie Direktorenkonferenz zur Seite, überdies tritt die 
Vollversammlung der wissenschaftlichen Beamten über 
Einberufung durch den Ersten Direktor zur Äußerung 
in Fragen grundsätzlicher Bedeutung zusammen. 
Weitaus die wichtigste Neuerung, welche gleichzeitig 
einen der bedeutendsten Fortschritte im Musealwesen 
Österreichs im letzten Dezennium darstellt, ist die 
Errichtung eines vorderhand noch im Rahmen des 
Naturhistorischen Museums stehenden Museums 
für Völkerkunde in den Räumen der neuen 
Hofburg. Die Voraussetzung dafür bildete einerseits 
die Auflösufig der alten einheitlichen anthropologisch- 
sthnographischen Abteilung des Naturhistorischen 
Museums in drei selbständige Abteilungen: anthropolo- 
zische, prähistorische und ethnographische, anderer- 
seits die Möglichkeit der Unterbringung der ethnographi- 
schen Sammlungen außerhalb des zu klein gewordenen 
Naturhistorischen Museums, in welchem sie von allem 
Anfange an einen wesensfremden Bestandteil bildeten. 
Der Ringstraßentrakt der neuen Hofburg, welcher 
durch Regierungsbeschluß musealen Zwecken gewid- 
met erscheint, ist aber in seinen Räumen zum Teil 
noch bis heute durch andere Sammlungen besetzt, so 
befindet sich im I. Stock die sogenannte Estensische 
Kunstsammlung, im IL Stock die Porträtsammlung der 
Nationalbibliothek (Fideikommißbibliothek). 
Die anderwärtige Unterbringung dieser Sammlungen 
wird die dringendste Aufgabe der nächsten Zukunft 
sein müssen, um die weiters erforderlichen Räume 
für das neue Museum zu schaffen. Die im Parterre 
und Mezzanin bisher untergebracht gewesenen völker- 
kundlichen sowie naturwissenschaftlichen, besonders 
zoologischen Sammlungen der Weltreisesammlung 
des Erzherzogs Franz Ferdinand wurden mit den 
Beständen des Naturhistorischen Museums vereinigt. 
Vorderhand wurde in den Parterreräumen des Ring- 
straßentraktes der erste Teil des Museums für Völker- 
kunde am 25. Mai 1028 feierlich eröffnet. Die Auf- 
stellung umfaßt die ost- und nordasiatischen Kultur- 
kreise, denen sich noch einige Kulturgebiete West- 
ı1siens anschließen. Damit wurde der aussichtsreiche 
Beginn für ein modernen Anforderungen entsprechen- 
les Museum für Völkerkunde geschaffen, eine Tat, 
die kulturell um so höher gewertet werden muß, wenn 
man erwägt, daß in vielen Städten Deutschlands 
ind anderer Kulturländer bereits eigene Museen für 
Völkerkunde bestehen und Österreich, obwohl es 
ajemals Kolonialbesitz hatte, in dieser Hinsicht 
ıicht zurückstehen darf, um so weniger als einzelne 
Jbijekte seiner ethnographischen Sammlung zu den 
‚erühmtesten und wertvollsten aller Museen der Welt 
zehören. 
Auch andere Teile der musealen Schausammlung, 
;o namentlich jene der Zoologischen Abteilung, sowie 
ler Saal fossiler Floren in der Geologisch-palaeonto- 
ogischen Abteilung, haben weitgehende Umstellungen 
ınd Ergänzungen erfahren, um den enorm ge- 
steigerten Ansprüchen auf dem Gebiete der 
Volksbildung und Popularisierung zu entsprechen. 
Vor allem wurde eine reiche Beschriftung der 
Jbjekte in gemeinverständlicher Sprache durchge- 
ührt und einzelne wirtschaftlich und technologisch 
jesonders interessante Gebiete, wie die Pelz- und 
Derlengewinnung, durch eigene Aufstellungen zur An- 
;chauung gebracht. Weiters stellen Vorträge, Führungen; 
Lehrerkurse und Sonderausstellungen, die das Beleg- 
material für die von Angehörigen des Museums in 
der Urania, Ravag und anderwärts gehaltenen Vor- 
träge enthalten, eine fruchtbringende volksbildnerische 
Tätigkeit dar, welche sich auch in einer überraschen: 
Goldfischbassin in Gestalt einer aufgeblühten Lotosblume mit 
Drache als Wasserspeier. Bronzeguß. Museum für Volkskunde
	        
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