Full text: Das Donauproblem in der mitteleuropäischen Wirtschaft

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arbeiten und sie wenden im Konkurrenzkampf sehr niedrige Tarife an, durch die die 
Warentransporte auf andere Wege geleitet werden. Die Uferstaaten sollten dem legitimen 
Bedürfnisse des Flußhandels mehr Rechnung tragen und die Schiffahrtsgesellschaften hätten 
auf einer kooperativen Tarifpolitik zu bestehen. Der Kampf zwischen den deutschen und 
slowakischen Donauumschlagtarifen, der Anfang 1926 ausbrach, als die deutschen Eisen- 
bahnen für die Förderung des Donauumschlagverkehres über Regensburg—Passau bedeutend 
ermäßigte Donauumschlagtarife einführten, beweist, daß im Donauumschlagverkehr die 
nötige Solidarität der aufeinander angewiesenen Verkehrsgesellschaften noch nicht besteht 
und man noch nicht begreift, daß der Warenverkehr dauernd von den geographischen und 
auch tarifarisch natürlichen Umschlagsstationen nicht künstlich abgelenkt werden kann. 
Die Neubelebung der Donauschiffahrt hat unter solchen Umständen die gedeihliche Aus- 
gestaltung der Wechselbeziehungen zwischen den Eisenbahnen und der Flußschiffahrt zur 
Voraussetzung. Im gegenseitigen Verkehrsinteresse hätten die Uferstaaten einander die pari- 
tätische Behandlung der einen regelmäßigen zwischenstaatlichen Güterverkehr unter- 
haltenden Schiffahrtunternehmungen zu gewährleisten‘). 
Wenn wir unser Augenmerk der verkehrstechnischen Seite des Donau- 
problems zuwenden, wird es ebenfalls bald klar, daß auch hier eine entsprechende Lösung 
nur durch die Zusammenarbeit der interessierten Staaten gefunden werden kann. Es ist 
wiederholt festgestellt worden, daß die Donau vom nautischen Standpunkte aus in ihrer 
gegenwärtigen Verfassung den Anforderungen, die an einen Strom als Verkehrsstraße für 
Großschiffahrt gestellt werden, dürchaus nicht entspricht. Die Finanzlage der mitteleuro- 
päischen Staaten gebietet es, nur solche Anforderungen zu stellen, deren Erfüllung mit 
erschwinglichen Kosten ausführbar ist. Als solche Anforderungen müssen betrachtet werden : 
eine Stromgeschwindigkeit, die die Sicherheit der Schiffahrt zu Tal und außerdem einen 
noch wirtschaftlichen Schleppzug zu Berg ermöglicht, ferner auch bei mindestem Wasser- 
stand genügende Fahrbreite und Fahrtiefe, die einen ununterbrochenen Verkehr von Groß- 
schleppern zu gleicher Zeit in beiden Richtungen sicherstellen. Die Regulierungsarbeiten 
müßten bewirken, daß die niedrigsten Schiffahrtwasserstände durchweg zumindest auf das 
Maß von zwei Meter gebracht werden. Nun wird diese, für den regelmäßigen Verkehr er- 
forderliche Wassertiefe an mehreren Stellen nicht erreicht. Von den im Oberlauf nötigen 
Operationen geht die größte Stau-, Schleusen- und Kraftwerkanlage des Rhein-Main-Donau- 
Unternehmens, das Kachletwerk bei Passau, nach fünfjähriger Bauzeit seiner Vollendung 
entgegen. Demgegenüber sind die Arbeiten im Österreichischen Strudengau so beschwerlich 
und kostspielig, daß sie nur in Verbindung mit den Projekten über die Ausnützung der 
Wasserkräfte ausführbar wären. Eine wichtige Strecke der Donau, die die Grenze zwischen 
Tschechoslowakei und Ungarn bildet, könnte und müßte verbessert werden, da sie die 
Schiffahrt zwischen Wien und Budapest stark behindert. Zwischen den beiden Nachbar- 
staaten konnte jedoch bisher eine Vereinbarung über die Ausbaggerung nicht zustande 
gebracht werden. Das schwerste Hindernis, die Eiserne Tor-Strecke, wurde durch die Staats- 
zerstückelung stark betroffen. Ungarn hat früher die Sorgen und Kosten dieser Strecke 
allein getragen, nun meint der Völkerbundexperte, daß die Kosten derartig groß wären, 
daß sie wahrscheinlich das Zusammenwirken aller Uferstaaten benötigen würden. 
Auch die Donaumündung, das Flußbett bei Sulina, die Versandung dieses Kanals hat 
in den letzten Jahren zu viel Besorgnis Anlaß gegeben. Die Lage ist derzeit zwar nicht 
mehr beängstigend, in einigen Jahren jedoch soll Sulina vollkommen unbrauchbar werden. 
Der Kanal ist zum Tode verurteilt, denn in diesen paar Jahren wird die völlige Versan- 
dung unbedingt eintreten. Es muß eine endgültige Lösung gefunden werden, die entweder 
1) Über die Notwendigkeit, zwischen den Eisenbahnen und der Schiffahrt gemeinsame Tarife aus- 
zuarbeiten, sprach Dr. Kornel Stodola auf der Donaukonferenz der Internationalen Handelskammer 
(24. Februar 1928). Stodola meint, man müßte den direkten Frachtbrief für Eisenbahn- und Schiffahrts- 
verbindung schaffen und eine Aufstellung dieses kombinierten Tarifes wäre für die sieben Donauufer- 
staaten von allergrößter Bedeutung. Die Kommission für Verkehrswesen des Völkerbundes studiert seit 
1926 ein Projekt über kombinierte Tarife; in dieser Angelegenheit fanden bereits im Mai 1927 in 
Dresden Beratungen statt, in denen es aber nicht gelungen ist, das Problem der kombinierten Tarife 
zu Wasser und zu Land zu regeln.
	        
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