Full text: Das Donauproblem in der mitteleuropäischen Wirtschaft

frei zu machen, die Hindernisse auf seiner Strecke zu beseitigen‘). Die bestehende Praxis 
verstößt nun gegen beide Deutungen der Freiheit und Gleichberechtigung, indem gewisse 
Uferstaaten den Schiffahrtsgesellschaften anderer Staaten möglichst viele Schwierigkeiten 
bereiten, die Benützung ihrer Häfen erschweren oder untersagen, ein Vorgehen, das von 
den Experten des Völkerbundes geradezu als Regel hingestellt wird. 
Auch innerhalb der Internationalen Donaukommission wurde anläßlich der Herbst- 
tagung 1926 von der Mehrheit der Delegierten festgestellt, daß in Jugoslawien und Ru- 
mänien die Bestimmungen des Donaustatuts betreffend die Kabotage nicht in ihrem 
Sinne gehandhabt werden. Die Delegierten dieser Staaten wurden gebeten, die Auffassung 
der Mehrheit ihren Regierungen nachdrücklich zur Kenntnis zu bringen. 
Hinsichtlich der Hafeneinrichtungen haben alle Staaten dem Willen Ausdruck 
gegeben, die Bestimmungen des Donaustatuts (Art. 10 und 20) bezüglich der Gleich- 
behandlung aller Flaggen bei Benützung der Häfen und ihrer Einrichtungen zur Geltung 
zu bringen. Nichtsdestoweniger herrscht auf diesem wichtigen Gebiet die vollkommenste 
Willkür. 
Was die Hafenanlagen in der Tschechoslowakei anbelangt, wird an die Spitze der 
Ausführungen der Satz gestellt, daß der Staat die Gesamtheit der Kais und der am Strom- 
ufer gelegenen Grundstücke besitzt oder in seinen Besitz bringen will. Obwohl gewisse 
offizielle Erklärungen auf die Behauptung abzielen, daß der Staat selbst diese Einrichtungen 
verwalten und eine diesbezügliche gleiche Behandlung aller zugestehen wolle, begünstigt 
er dennoch gewisse Interessen zum Nachteile anderer. Dem Sachverständigen des Völker- 
bundes scheinen diese Vorschläge der tschechoslowakischen Regierung nicht besonders klar. 
Die tschechoslowakischen Behörden erklärten, daß der Zweck sei, der Ersten Donau- 
Dampfschiffahrts-Gesellschaft und der Magyar Folyam €&s Tengerhajözäsi Rt. einen Platz im 
Winterhafen anzuweisen. Diese Örtlichkeiten seien wohl geeignet für den Warenumschlag 
zwischen Bahn und Fluß, nicht aber für örtliche Ladeoperationen, weil es an gewöhnli- 
chen Straßenzufahrten mangelt. Wenn die fremden Schiffahrtsgesellschaften nur Einrich- 
tungen im Winterhafen besäßen, müßten sie sich für ihre örtlichen Ladeoperationen der 
öffentlichen Niederlagen bedienen, während die tschechoslowakische Gesellschaft für dieselbe 
Art von Operationen die ihr besonders zugewiesenen Niederlagsräume benützen könnte, die 
von ihren eigenen Angestellten verwaltet werden und von den Straßen der Stadt unmittel- 
bar zugänglich sind. 
Hinsichtlich des S, H. S.-Staates besagt der Bericht, daß er seit dem Kriege den Beweis 
energischer Maßnahmen hinsichtlich der Wiederherstellung und der Verbesserung der Verkehrs- 
lage im KEisenbahnwesen geliefert habe. Hinsichtlich der Häfen aber sei die Lage bei weitem 
nicht zufriedenstellend. Die Zahl der Landungspontons sei völlig unzureichend und der 
Staat, obwohl außerstande, allen Wünschen zu entsprechen, verweigert dennoch den fremden 
Gesellschaften die auch nur zeitweilige Benützung ihrer eigenen Landungspontons. Die 
Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft und die Ungarische Fluß- und Seeschiffahrts-Gesellschaft 
besitzen eigene völlig gebrauchsfähige Landungspontons, die sie aber nicht benützen dürfen. 
Die ungarische Gesellschaft hatte vor dem Kriege auf dem jetzt zu S. H. S. gehörigen Gebiete 
35 Stationen mit Pontons, darf aber jetzt nur 4 Stationen, von denen aber nur 3 ihr 
vorbehaltene Pontons benützen. 
Der Staat hat die zugegebene Absicht, eine Politik der Entwicklung der Häfen zu ver- 
folgen und sie mit den Einrichtungen zu versehen, die den Erfordernissen der nationalen 
und der fremden Schiffahrt entsprechen sollen. Die Verwirklichung dieser Absicht ist aber 
noch weit entfernt. In der Zwischenzeit entwickelt sich S. H. S. vom kommerziellen Stand- 
punkt aus sehr rasch und hat ein dringendes Bedürfnis nach Häfen mit entsprechender 
Einrichtung und Ausrüstung. Sohin wäre das geeignete Mittel zur Entwicklung des Ver- 
kehrs der Abschluß vorläufiger Abkommen mit den Schiffahrtsgesellschaften, die diese zur 
Benützung ihrer eigenen Landungspontons und privater Niederlagen unter dem Vorbehalte 
N Für den Sinn und Wert der Internationalisierung siehe: Szana Alexander, Die neuen Wirt- 
schaftsprobleme der Donau, Stuttgart 1921, und Hennig Richard, Freie Ströme, Wirtschaftspolitische 
Zeitfragen, herausgegeben von Ernst Schultze, Leipzig 1926,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.