Full text: Rationalisierung als Kulturfaktor

l. Begriff und Wesen der Rationalisierung 
Worte Rationalisierung vor. In Rußland ist das Wort Rationali⸗ 
sierung gelaͤufig, seit Lenin die amerikanischen Arbeitsmethoden als 
unentbehrlich für den wirtschaftlichen Wiederaufbau bezeichnet hat. 
Jedoch fassen auch die Russen ihre Rationalisierungsmethoden meist 
unter dem Titel „Wissenschaftliche Arbeitsorganisation“ (verkürzt 
NOD) zusammen, der zum nationalen Schlagwort für Ersparnis⸗ 
notwendigkeiten und Ersparnismaßnahmen geworden ist. 
Die umfassendste Definition des Wortes in sozialskonomischer Ab⸗ 
sicht hat jedenfalls die Weltwirtschaftskonferenz beim Voölkerbund im 
Mai des Jahres 1927 gegeben, indem sie die Rationalisierung als, die 
Anwendung technischer und organisatorischer Methoden, die auf ein 
Mindestmaß von Kraft⸗ und Stoffverlust hinauslaufen“, bezeichnete. 
Als Ziel der Rationalisierung schwebt ihr vor: 1. die höchste Leistung 
mit der geringsten Kraftentfaltung zu erzielen, 2. durch Verminderung 
der Vielfältigkeit der Typen (soweit eine derartige Vielfältigkeit offen⸗ 
sichtlich keine Vorteile in sich schließt) die Konstruktion, die Herstellung 
den Gebrauch und den Ersatz von genormten Teilen zu erleichterne 
3 · Stoff⸗ und Kraftverlust zu vermeiden, 4. die Verteilung der Waren 
zu vereinfachen, 5. bei der Verteilung unnötige Transporte, zu hohe 
steuerliche Belastungen und überflüssigen Zwischenhandel zu vermeiden. 
Die vernunftgemäße und stetige Anwendung der Rationalisierung 
könne 7. der Allgemeinheit eine groͤßere Stabilität der Verhaͤltnisse 
und eine gehobene Lebensführung, 2. dem Verbraucher niedrigere 
Preise und den allgemeinen Bedürfnissen sorgfaͤltiger angepaßt. 
Waren, 3. den verschiedenen Gruppen von Produzenten höhere und 
sichere Einnahmen, die gerecht unter sie zu verteilen sind, gewaͤhrleisten. 
Wie man sieht, stehen in dieser Begriffsbestimmung die sozialpoli⸗ 
tischen und kulturellen Aufgaben der Rationalisierung im Vordergrund. 
Von mancher Seite wird nun behauptet, daß die Rationalisierung 
weder ihrem technischen Charakter noch ihrer ökonomisch⸗ sozialen 
Tendenz zufolge etwas Neues sei. Der Wille, mit dem geringsten Auf⸗ 
wand den höchsten Nutzen zu erzielen, habe immer bestanden, solange
	        
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