1. Begriff und Wesen der Rationalisierung —6
sierung auf die kommerzielle Rentabilität organisch zugeschnitten,
geschweige denn innerhalb der Weltwirtschaft. Vielleicht ist eine
derartige „Rationalisierung der Rationalisierung“ auch nicht erreich⸗
bar. Denn selbst wenn die politischen Voraussetzungen für eine plan⸗
maͤßige Ordnung des Wirtschaftslebens gegeben und der Wille
der Produzenten zur Durchführung der Arbeitsteilung und Speziali⸗
sierung innerhalb der nationalen Wirtschaften und der Weltwirtschaft
staͤrker waͤre, als er dies aus Gründen, auf die wir spaͤter noch ein⸗
gehender zu sprechen kommen, ist, würde die Vereinheitlichung der
Produktion und des Vertriebs von der konsumpolitischen Seite her
stets wieder gestört werden. Die Vielfalt der Bedürfnisse und die sich
hieraus ergebende „Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den
eigenen Willen auch gegen Widerstreben anderer durchzusetzen“ x), wird
immer bestehen. Die Freude der Menschheit an der Buntheit des
Lebens ist eben auch im Wirtschaftlichen nicht auszurotten. Es würde
ein Zeichen allgemeiner Erschlaffung der Menschheit sein, wuürde sie
den individuellen Wagemut abstoppen zugunsten einer ewig gleichen
Ordnung und Sekurität, die gewiß den Vorzug der Stetigkeit, dafür
aber auch den Nachteil der Sterilität, der Mechanisierung und Büro⸗
kratisierung in sich birgt. Damit soll jedoch nicht gesagt sein, daß
eine angemessene Mischung von Bindung und Freiheit sich für das
Wirtschaftsleben nicht ebenso geziemt wie sie für das Leben des
Einzelnen oder sonstiger Gemeinschaftsformen notwendig ist. Worauf
es ankommt ist: wie in den übrigen Spharen der menschlichen Organi⸗
sation auch in der Frage der Rationalisierung den Menschen und
seine Bedürfnisse zum Ausgangspunkt zu wählen und
zum Ziel zu setzen. Auch auf dem Gebiete der Rationalisierung
besteht die Gefahr, daß die Menschheit von ihrem Mittel vergewaltigt
wird. Im nachfolgenden soll der Versuch unternommen werden, die
Grenzen aufzuzeigen, bis zu welchen hin diese Gefahr vermieden
werden kann.
x) Marx Weber, „Wirtschaft und Gesellschaft“, Seite 28.