Full text: Wirtschaftsgeschichte der deutschen Kolonien

Wirtischaftsgeschichte der deutschen Kolonien 
geworden ist, so müssen wir uns zunächst des 
Versprechens entsinnen, das der Präsident der 
Vereinigten Staaten in der Rede bei der Vor⸗ 
legung der Völkerbundsakte in Paris am 
14. Februar 1919 abgab: „Solche Stoaten sollen 
mit der Verwaltung der deutschen Kolonien be— 
traut werden, die bereits bewiesen haben, daß sie 
imstande sind, sich dabei vom Gewissen leiten zu 
lassen. Unter ihrer Vormundschaft werden die 
hilflosen Völker der Welt einem neuen Lichte und 
einer neuen Hoffnung entgegengehen.“ 
Daß dies der, Fall ist, wird niemand be— 
haupten können. Überall findet die Ausbeutung 
der tropischen Rohstoffkolonien für die Bedürfnisse 
der Mutterländer statt, und die Belange der Ein⸗ 
geborenen werden dabei mehr oder minder ge— 
schont oder berücksichtigt. Die ständige Mandals— 
kommission des Völkerbundes in Genf, der seit 
dem Herbst 1927 in dem Geheimrat Kastl, früher 
Beamter in Südwestafrika, auch ein deutsches 
Mitglied angehört, überwacht die Vorgänge, in— 
dem sie sich von den Mandataren Berichte vor— 
legen und Fragebogen ausfüllen läßt. Aber im 
großen und ganzen billigt sie die Geschehnisse. 
Und seit sie angeordnet hat, daß ihr Beschwerden 
1918 
1917/18 1918/19 1919/20 
Sisal. * 
Baumwolle. .. 
däute und Felle. 
stopra.. 
Erdnüsse.. .. 
Kaffee. 
Betreide... 
Sesam .. 
Wachs —F— 
Butterschmalz. .. 
Seife —W 
Salz.. 
c. Pfeffe. 
Bei der Betrachtung der Tabelle ist zu be— 
cücksichtigen, daß sie die Länder Urundi-Ruanda, 
die zum größten Teil unter belgischem Mandat 
stehen, nicht mit umfaßt. Das zeigt sich ins— 
besondere bei der Ausfuhr tierischer Produkte, da 
beide Gebiete fast nur an solchen beteiligt waren. 
Besaßen die beiden Landschaften doch fast ein 
Drittel des gesamten Rindviehbestandes der Kolonie. 
Wie ersichtlich, trat der Tiefstand 1920 ein, während 
19189/20 einen gewissen Aufschwung gezeigt hatte, 
der aber nur scheinbar war, weil er nicht aus 
einer Steigerung der Erzeugung beruhte, sondern 
auf der mit den freiwerdenden überseeischen Trans⸗ 
portmitteln ermöglichten Ausfuhr der angesam— 
melten Vorräte aus deutscher Zeit. Aber 1921 
war doch der Wendepunkt, und das Jahr 1924 
hatte im großen und ganzen die Ausfuhrwerte 
des Jahres 1913 wieder erreicht. Dabei sind 
allerdings wichtige Verschiebungen eingetreten. 
Ganz weggefallen ist z. B. die Kautschukausfuhr, 
die 1913 1367 t im Werte von 328400 be— 
16740 
500 
4180 
3330 
820 
3930 
11580 
270 
»on nicht mit Mandaten versehenen Regierungen 
Deutschland) überhaupt nicht, von Eingeborenen 
nur durch die Hand der Mandatarmächte einge— 
reicht werden dürfen, hat sie auf eine wirklich 
ontrollierende Tätigkeit grundsätzlich verzichtet. 
Deutsch⸗Ostafrika (Tanganyika Territory). 
Der Krieg, der hier volle vier Jahre ge— 
vütet hatte, hatte diesem Schutzgebiet schwerere 
Wunden geschlagen als den anderen. Die Ein— 
zeborenen waren an Zahl und Arbeitskräften 
ehr zurückgegangen und ihre Produktionsmittel 
um Teil vernichtet, insonderheit der Viehstand. 
Die europäischen Pflanzungen waren verunkrautet, 
um Teil vernichtet, die Vorräte des Landes auf⸗ 
zebraucht, die Bahnen zerstört und abgenutzt. 
Dazu kam die auch wirtschafilich gänzlich körichte 
Maßnahme der Regierung, die Deutschen, die die 
Organisatoren der Produktion gewesen waren, 
ruszuweisen. Die Zahl der Europäer ging von 
3000 auf 2200 zurück, erhöhte sich aber bis 
Mitte 1926 wieder auf 3500. Nach alledem 
jeigt die Produktion in der Ausfuhrstatistik 
'olgendes Bild (in t): 
192111 19221 1923 10924 1 1925 1926 
10220 12846 18428 18276 25022 
1544 1468 2541 4502 4900 
—1518 2068 2547 2661 2109 
5948 6669 8125 7623 7348 
12518 16608 8684 9055 15867 
4271 4047 5261 6009 6644 
18912 11786 14483 7392 7722 
2778 4435 3909 3396 3563 
333 302 425 293 307 
380 396 472 383 371 
5 15 86 317 89 
uuss idan 2363 d 1838 
1I 9 5191 910 123 23 
rug. Ersatz trat ein durch das gewaltige An— 
chwellen der Kaffeeausfuhr, das aber kein Aus— 
)ruck des wirtschaftlichen Fleißes und Erfolges 
inserer Nachfolger ist: es sind zu deutscher Zeit 
zepflanzte Bäume zur Volltragfähigkeit herange— 
ceift. Am Viktoria-Njansa ist die Eingeborenen⸗ 
Kaffeekultur durch den damaligen deutschen 
Residenten eingeführt worden. Am Kilimandjaro 
ind Meru ist den Eingeborenen unter britischer 
Herrschaft gestattet worden, ehemals deutsche 
Pflanzungen zu erwerben und eigene anzulegen. 
Man zählte dort: 
7923 
1096 
956 
6104 
8448 
3827 
94 49 
1385 
183 
6306 
192211925 
Eingeborene Kaffeepflanzer.. 5921 6916 
Tragende Irpen dr 36266 881509 
Noch nicht tragende) sitz Farbiger —— 844607 
Sie ernteten 1824 75, 1925 125 t. Diese Ent— 
vicklung hat bei den Weißen steigende Erbitterung 
hervorgerufen, denn sie verschärst die Arbeiternot
	        
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