L9. Jahrhundert heran, und sie liegt der heutigen Sozial-
politik zugrunde, die nicht nur auf Erwägungen der Zweck-
mäßigkeit beruht, sondern auch im Zeichen eines bestimmten
Rechtsbewußtseins stehen muß. Unsere Kritik der marxisti-
schen Theorie richtet sich ja also durchaus nicht gegen diese
(dee, die das 19. Jahrhundert in seinem Schoß unter vielen
sozialen Leiden ausgetragen hat; wir wollen nicht das Prin-
zip des laissez faire in Schutz nehmen, wir kämpfen nur
zegen ein System, das bestrebt ist, jenes Prinzip auszurotten,
das die wahre Triebfeder der europäischen Zivilisation dar-
stellt, nämlich das Prinzip der wirtschaftlichen Freiheit. Die
Stellungnahme des Sozialismus diesem Prinzip gegenüber
soll nunmehr betrachtet werden.
VII.
Die wirtschaftliche Freiheit und der
Sozialismus.
„Der Sozialismus ist ein Sprung aus dem Reiche der Not-
vendigkeit in das Reich der Freiheit‘, — so behauptet Engels.
Um in das katholische Paradies zu gelangen, muß man
durch das‘ Purgatorium hindurchgehen; um in das soziali-
stische Freiheitsreich zu kommen, muß man erst durch die
Diktatur des Proletariats hindurchpassieren. Die soziale Um-
välzung bringt uns also vorderhand nur zur Diktatur.
Wie sich die Diktatur des Proletariats zum Prinzip der
persönlichen Freiheit verhält, geht aus dem Begriff der Dik-
tatur selbst hervor und ist durch die russische Erfahrung
genugsam veranschaulicht worden. Ganz hoffnungslos sind
die Versuche Kautskys und der russischen Menschewiki,
Jiese einfache und klare Frage durch eine Annäherung der
marxschen Diktatur an die Demokratie zu vertuschen. Marx
selbst hingegen wußte wohl diese beiden Begriffe ausein-
anderzuhalten, und wenn er, um das politische Regime
in der Übergangsepoche zwischen dem Kapitalismus und
dem Sozialismus zu kennzeichnen, den Ausdruck „Diktatur“
wählte, so tat er es nicht „pour 6pater le bourgeois‘‘, dafür
war es ihm viel zu ernst,
Immerhin soll das Regime der Diktatur, nach der marxi-
stischen Auffassung, lediglich ein vorübergehendes sein.
29