216
Vierter Teil.
daß wenigstens Ehen im gleichen Alter geschlossen werden. Auf
lange Jahre hinaus wird also ein geringerer Teil der Bevölke-
rung als sonst verheiratet sein und unter allen bestehenden
Ehen werden weniger jüngere Ehen als vor dem Kriege vor-
handen sein‘“115, Soweit die bisher vorliegenden Statistiken
Deutsch-Österreichs118$ und Wiens!!? eine Nachprüfung dieser
Voraussagungen zulassen, ist ihre Bestätigung bisher nicht ein-
getroffen. Im Vergleich mit dem Jahre 1913 haben die Ehe-
schließungen pro 1000 Einwohner (7,05) in den der heutigen
Republik Österreich zugehörigen Landstrichen nach Kriegsende
keine Verminderung, sondern im Gegenteil eine erhebliche
Steigerung erfahren, die im Jahre 1920 mit 13,41% ihren
Höhepunkt erreichten, dann allerdings ständig wieder zurück-
singen (1921: 12,57%, 1923: 11,42%), im Jahre 1923 aber
mit 8,65% immer noch über dem Satz von vor zehn Jahren
standen, In der Stadt Wien im besonderen ergeben sich, die
Zahl der Trauungen des Jahres 1909 = 100 gesetzt, für die
erste Nachkriegszeit Indexzahlen zwischen 137 (19719) und
63 (1920), die dann ebenfalls langsam fallen (1921: 153;
1922: 139; 1923: 103), aber erst in den Jahren 1924 (98)
und 1925 (g1ı) etwas unter den Stand von 1909 herabsinken.
Für Österreich wäre hierdurch also der Beweis erbracht, daß,
wenigstens für die ersten fünf Nachkriegsjahre, das gesteigerte
männliche Heiratsbedürfnis den zahlenmäßigen Ausfall an
ledigen Männern nicht nur kompensiert, sondern sogar über-
Aügelt hat. Inwiefern etwaige Verschiebungen im Heiratsalter
stattgefunden haben, ist leider aus den erwähnten Statistiken
nicht zu ersehen. Für England wissen wir, daß nach dem Kriege
145 Paul Mombert, Die Gefahr einer Übervölkerung für Deutschland,
Tübingen 1919, Siebeck, S. 10.
16 Bundesamt für Statistik, Statistisches Jahrbuch für die Republik Öster-
eich, VI. Jahrg., Wien 1925, S. 24.
27 Schiff, S. 5.