Full text: Reparations-Sabotage durch die Weltwirtschaft

Weltwirtschaftliche Grundlagen einer deutschen Reparationspolitik. 103 
völlig sinnwidriger, niedriger „Zinsstand herrschen und uns Deutschen kommt je 
länger um so mehr der niedrige Zins ‚zugute. 
Daß man einstweilen trotz Überflusses privatwirtschaftlichen Kapitals in den 
Ententestaaten, welcher Überfluß sich auf jede um !/g% höhere Zinsgelegenheit 
„mit Begeisterung stürzen. müßte‘, und trotz der Kongruenz von Aktiv- und Passiv- 
kapital in Deutschland unerhörte Zinsen für unsere Auslandsanleihen verlangt und 
bisher durchsetzen konnte, ist auf einen Rattenkönig irriger Vorstellungen zurück- 
zuführen. 
Man stützt die hohen ——. angesichts der volkswirtschaftlichen Gegeben- 
heit geradezu wucherischen — Zinsforderungen. durch. Konservierung unfreundlicher 
Gefühle gegen Deutschland; die psychologische Einstellung ist gewissermaßen So, 
als ob es eine besondere Gnade wäre, daß man den ehemaligen „Hunnen‘“ überhaupt 
Geld pumpt. 
Man stellt sich Deutschland, das an das Ausland „verschuldet‘“ ist 
und „weitere Schulden machen muß‘, das eine „ungeheuere passive Zahlungs- 
bilanz‘“ hat, als eine Art „dubiosen. Debitor‘‘ vor; man profitiert also von falschen 
5konomischen. Vorstellungen. In Wirklichkeit sind wir eine solch „feine Kredit- 
adresse‘, daß man anständigerweise den Risikoprämien-Bestandteil des Zinses, 
welchen man exotischen. Ländern gegenüber glaubt anlegen zu müssen, uns nicht in 
Rechnung stellen darf. Vielleicht hat auch hier wiederum Schacht recht, dessen 
Geschäftsinstinkt sich gegen die „Finanzierungskunst‘“ der Kommunen usw. wandte, 
als sie in ungeordnetem Haufen „drängelnd‘““ das Geschäft verdarben, statt König 
Midas „auf sich zukommen zu lassen“. Die Bewerbung um Auslandskredite, mög- 
lichst mit einer persönlichen „Fahrt über den großen Teich“. ist heute ein wenig 
Modesache. ; 
Es fehlt dem Ausland noch an der nötigen Erkenntnis, daß, wenn man 
zwangsweise das. Besitzrecht an deutschen Betriebsanlagen und sonstigen Gütern 
beschlagnahmt, einem nichts anderes übrigbleibt, als nun auch privatkapitalmäßig 
das beschlagnahmte Besitzrecht in der Hand zu halten. 
Da es sich in allen drei Fällen nur um fehlerhaftes Denken oder Erkennen des 
Auslandes und unserer eigenen Geldnachfrage handelt, so ist, wie schon gesagt, 
höchste Dickfelligkeit gegenüber exotischen. Zinswünschen des Auslandes am Platze, 
denn das ungeheuer wuchtige Schwergewicht der volkswirtschaftlichen Tatsächlich- 
keit ist zu unseren Gunsten vorhanden und.drängt solches Fehldenken je länger um 
so mehr zurück, Zum Schutz unserer Währung bedarf es nicht eines 
absolut hohen Zinssatzes, sondern wir brauchen, wie in dem 
Kapitel über das Konsolidierungs-Phänomen gezeigt wurde, nur 
ein wenig und immer wieder nur vorübergehend unseren Zins 
über den ausländischen zuseizen.:, . . ; 
Wie wäre es in diesem Punkte übrigens mit einem Apell an das Monopol der 
deutschen Bankwirtschaft 1) ? 
Übrigens könnte man durchaus erwägen, ob nicht an dieser Stelle die zwangs- 
wirtschaftliche Störung der Weltwirtschaft mit einem zwangswirtschaftlichen Staats- 
akt zu paralysieren wäre, etwa indem durch Reichsgesetz den Kommunen usw. im 
öffentlichen. Interesse verboten. würde, mehr als einen Nettozins von 5% seitens.der 
öffentlichen Hand zu kontrahieren. Ein solches Gesetz, nach dem sich natürlich 
auch der Staat selbst richten müßte, würde bei der fast hysterischen Denkeinstellung 
über unsere Kapitalarmut und den Kapitalreichtum des Auslandes zwar ein großes 
ty Siehe hierzu Mahlberg, Zum Neubau des Kredits, G. A. Gloeckner, Leipzig 1925.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.