Full text: Reparations-Sabotage durch die Weltwirtschaft

Schlußfolgerungen für die Organisation des Geld- und Kapitalmarkts. 109 
L. von volkswirtschaftlichen Ladenhütern 2. auf kurzer Kreditbasis, was selbstver- 
ständlich nicht nur unschön, sondern. für den einzelnen gefährlich ist, während in 
unserem Falle der Auslandsfinanzierung eine Kausalität zwischen Ladenhütergefahr 
und Kurzfristigkeit bzw. Nationalität des Geldgebers selbstredend nicht besteht. Da 
man im praktischen Einzelfall niemals sicher sagen kann, ob etwas Ladenhüter werden 
wird, so dämpft diese Ungewißheit allzu großen Optimismus bezüglich Festlegung 
auf kurzfristiger Basis; Optimismus aber muß, wie vorstehend gezeigt, unter 
den gegenwärtigen Verhältnissen als Prinzip. von den Kreditnehmern und ihren 
vorgeschalteten Treuhändern verlangt werden, 
Der hier notwendige Kreditoptimismus kann verstärkt und der gegen ihn 
wirkende Devisen-Aberglaube, die Angst vor Valuta-Rückzahlung !): kann bekämpft 
werden durch Verbreitung des wirklichen Kredittatbestandes zwischen Deutschland 
und den Entente-Staaten bzw. dem Ausland überhaupt, wie er z. B. in Illustration 
13—15 gezeigt wird. Im übrigen ist, trotzdem beiden Partnern der internationalen 
Kredit-Gemeinschaft nichts anderes übrig bleibt, als. sich in Unabänderliches zu 
schicken, der deutsche Partner eher bereit, seine psychologischen Hemmungen Zu 
überwinden, weil er eher und praktisch einsieht, daß ihm eben kein anderer Aus- 
weg übrig bleibt. Die Verbreitung der Wahrheit über die Kreditlage hat daher für 
ihn den Sinn, zähe Dickfelligkeit gegen „schamlos‘“ hohe Zinsforderungen — wie 
der Börsenausdruck lauten würde — zu erzeugen, wer immer sie stellen, mag! 
Die psychologischen Hemmungen der ausländischen Kapi- 
taleigentümer gegen bewußte oder gegen langfristige Anlage in Deutschland 
sind auf zwei Wegen zu beheben. Der erste Weg ist der „Kampf um den deute 
schen Kredit“, wie ihn Gestrich?) genannt hat und der im Rahmen 
der öffentlichen Meinung des In- und Auslandes ausgefochten werden muß, Gest- 
rich vertritt hierbei den Gedanken, daß die Publizistik bei Erörterungen über 
jen deutschen Kredit eine nationale Haltung einnehmen müsse, daß man beispiels- 
weise aus dem Memorandum der Reichsregierung gegen Parker Gilbert das 
Gute und Brauchbare in den Vordergrund zu stellen und nach Möglichkeit zu er- 
gänzen habe, statt unnötige Kritik an Einzelheiten und an Unstimmigkeiten zu 
üben, die auf Ressortschwierigkeiten u. ä. zurückzuführen sind. Nicht in diesem 
Sinne hat zweifellos die Debatte zwischen Schacht und den Kommunen ge- 
wirkt, in der ein deutscher Oberbürgermeister beispielsweise folgende Feststellung 
glaubte machen zu müssen: „Der Auslandsanleihe-Markt ist für die deutschen 
1) Siehe hierzu als eins von vielen das folgende Beispiel, das deutlich illustriert, 
wie es sich trotz Valuta-Kontrahierung um gewöhnlichen Kredit handelt. Die Industrie- und 
Handelszeitung, 18. 4. 28, berichtet: 
„Das amerikanische Bankhaus Harris, Forbes & Co. verhandelt, wie aus New York 
gekabelt wird, mit dem Freistaate Bayern über eine neue dreijährige Schatz, 
anweisungsanleihe, die zur Ablösung der am 1. Juli 1928 zur Rückzahlung fälligen 
20. Mill. Dollar einjährigen bayerischen Schatzwechsel dienen soll. Diese Schatzwechsel sind 
bekanntlich im Juni vorigen Jahres nach U, S, A, begeben und dort als Unterlagen zur Emission 
von 5proz. Zertifikaten benutzt worden. Schon damals diente die Hälfte des Anleihebetrages 
zur Einlösung noch früher begebener Schatzwechsel.““ — 
Wie der Aberglaube stört, zeigt das Beispiel der Anfang Juli 1927 vom Reichsrat geneh- 
migten. Emission von 100 Mill. Mark Wohnungsbaupfandbriefen, von denen — nach der Ind. 
u. Handelsz, — bis zum 18. Sept. 1927 trotz dringendem Geldbedarf nur die Hälfte im Aus- 
land untergebracht werden konnte, weil der englische Markt sich ablehnend verhielt und 
Amerika nicht herangezogen werden durfte, da die Satzung der Pfandbriefinstitute Dollar- 
Kontrahierung verbietet, Feingoldhyoptheken auf Londoner Goldpreis basiert zuläßt.... Höher 
hinauf läßt sich kein Mißverständnis treiben. 
2) Gestrich. Kritik der Kritik, Industrie- und Handelszeitung, 19. 11. 27. ;
	        
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