82 Die Sabotage der Reparationszahlung durch den Mechanismus der Weltwirtschaft.
nur den materiellen Inhalt, Deutschlands Betriebsapparatur zu vergrößern. So wie
es wirkungslos war, daß die Assignaten durch Frankreichs Grund und Boden „ge-
sichert‘ waren, so ist es wirkungslos, daß die aus deutschen „Zahlungen‘“ stammen-
den englischen. Zahlungsmittel durch deutsche industrielle usw. Anlagen gedeckt
sind, Die zusätzlichen Zahlungsmittel können ihrerseits nur durch Konsolidierung
in langfristige deutsche Kapitalanlage zum Verschwinden gebracht werden, der
einzige Platz, wo sie hingehören. Man denke sich die jährlichen deutschen „Zah-
lungen‘ nicht getrennt in Reparationssummen und Zinsen, sondern als eine einzige
Summe, dann sieht man, daß auch von den Zinsen nichts anderes gelten kann als
von der Hauptsumme.
Die Reparationszahlungen sind für die Entente-Länder ein unverdaulicher
Brocken, Sie bedeuten für die Empfänger lediglich geliehenen Mut zur Ankurbe-
lung einer Konjunktur, die sich nur innerhalb und nur mit den Kräften des
englischen Wirtschaftskreislaufs abspielen kann, die keineswegs dahin führt, daß
Englands Wirtschaftskreislauf über seinen eignen Schatten springen kann, und die
man auch ohne deutsche Zahlungen mit weit größerer Harmonie in Szene setzen
könnte. Gleichzeitig wächst Deutschlands Wirtschaftskraft zwangsweise durch das
Diktat der Sieger,
Was hier von England als Beispiel ausgeführt wurde, gilt in derselben Weise
für alle Entente-Staaten,
Der 3. Aggregatzustand, der als Folge der deutschen Devisenzahlungen ent-
stehen kann, besteht darin, daß die englische, amerikanische usw. Regierung die
deutschen Zahlungen nicht „konsumtiv‘‘, also nicht in der Sphäre von Aufwand
und Ertrag, sondern in der Sphäre der Finanzierung verwendet. Die beiden Sphären
sind wie Feuer und Wasser verschieden, was unsere hauswirtschaftliche Denk-
einstellung, die mit dem Kautschukbegriff „Einkommen‘‘ operiert, nicht immer
erkennt. Die Devisenzahlungen gehören ihrer inneren Natur nach in die
Sphäre der Finanzierung, denn sie sind ja nur „Deldredere-Garamntien‘“
für bereits vorhandene, durch das Friedensdiktat entstandene Schuldverhältnisse.
Die Verwendung müßte so erfolgen, daß die Ententeregierungen ihre eigenen, in
ihrem Inland wie im Ausland befindlichen Kriegsobligationen aufrufen und gegen
deutsche Schuldverschreibungen eintauschen würden. Dadurch ergäbe sich zunächst
keine Veränderung ihrer Volkswirtschaft, und wir hätten anscheinend eine Form der
echten „Wiederherstellung‘““ vor uns, an deren Notwendigkeit nicht nur das Aus-
land, sondern leider auch Teile der deutschen Bevölkerung glauben. Das Problem
der Transferierung der deutschen Wiedergutmachungszahlungen wäre damit auf
die Zinszahlungen beschränkt, für die, wenn auch stark abgeschwächt, all das
gilt, was wir bisher über die Transferierung der Hauptsumme ausgeführt haben.
Die Einwohner der Empfangsländer brauchten dann keine Steuern usw. mehr
zur Zinszahlung auf die alten, nunmehr umgetauschten Staatsschulden zu bezah-
len, sondern die Zinsen würden aus deutschen Devisenüberweisungen gezahlt,
deren Betrag sich wiederum als Kapital in Deutschland bilden würde. Auch für
die dann im Ausland nicht gezahlte Steuer gilt im Prinzip das oben Gesagte,
Der große Vorteil für uns bestände auch dann darin, daß jede Mark Repara-
tionssteuerzahlung sofort die Form langfristigen Kapitals (im finanztechnischen
Sinne) annähme, für jede Mark stände bereits ein „Sparer‘“ im Ausland bereit, der
früher für die englische usw. Regierung gespart hat und jetzt in deutsche Schuld-
titel überführt wird, während die Schulden der englischen usw, Regierung ge-
strichen werden. Sein Recht auf Zinsgenuß besteht weiter, die Kaufkraft daraus
übt er wie bisher in England bzw. in den entsprechenden Ländern aus. Die Personen