erhoben sehen wollte. Sie fand in der weiteren Entwicklung jung—
deutscher Gedankengänge zum Volksstaat Gestalt in der Lehre von der
Nachbarschaft. In der ideellen Bindung der Staatsbürgerschaft im
Volksstaat und der Erstgeburt dieser Verbundenheit liegt die Über—
tragung des jungdeutschen Gemeinschaftsgedankens in den Volksstaat.
Keine Erkenntnis zwang sich dem jungdeutschen Bruder so lücken⸗
los auf als die, daß das Schicksal jeder Organisation unzertrennlich
mit der Frage der Führerschaft verknüpft ist. Die alten Begriffe von
der Auswahl der Führung wurden bald als unzulänglich erkannt.
Die neue Aufgabe schuf neue Methoden und Formen und zwang im
Jungdeutschen Orden zuerst zu jener Synthese von Potsdam und
Weimar, die das jungdeutsche Manifest für die Lösung der Führer—
frage im Volksstaat vorschlägt.
Diese Einstellung auf das schöpferisch Bejahende
löst den Jungdeutschen Orden vom Antigeist unserer
Zeit.
Was im Zwischenspiel der nationalen Bewegung unseres Volkes
an Organisationen und Bewegungen emporwuchs, aufblüte und ver—
welkte, war von diesem Antigeist erfüllt. Man suchte, um Programme
zu gestalten, nach Gegensätzen. Man suchte, um Kräfte um sich zu
scharen, nach Gegnern. Man suchte den Kampfeswillen der eigenen
Front dadurch aufzupeitschen, daß man Haß gegen etwas Vorhandenes
züchtete. Eine solche Methode mußte zur Fruchtlosigkeit verdammt
sein, weil der Haß gegen etwas Bestehendes für ein deutsches Volk
niemals die Wiege der Willenskraft sein kann. Die von diesem Anti—
geist befangenen deutschen Menschen werden vielleicht in diesem jung—
deutschen Manifest manches Kapitel vermissen, welches die Gegner—
schaft des Jungdeutschen Ordens gegen dieses und ienes zum Aus—
druck hringen sollte
Die Lehre vom Volksstaat wendet sich von diesem
Antigeist ab. Sie lehrt ein solches Verhältnis zwischen
Volk und Staat, eine solche Pflichterfüllung für jeden
einzelnen Staatsbürger, daß die Oberhoheit des Volks—
staates gegenüber allem dem, was zur Antithese Ver—
anlassung geben kann, gesichert ist.
194