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Kompromiß zwischen dem Volk und den Dynastien zustande. Am
9. November 1918 wurde auch der Zustand dieses Kompromisses be—
seitigt. Nach fast 700 jährigem Bestehen wurde die erbdynastische
Staatsordnung durch die Revolution des Volkes beseitigt. Die Erb—
fürsten traten freiwillig und ohne Widerstand ihre Kronen ab. Sie
ntbanden ihre Untertanen von jedwedem Treueid. Ihr Privatbesitz
vurde durch die Fürstenabfindung vom Staatsvermögen getrennt.
An Stelle der Souveränität der Dynastien wurde die Souveränität
des Volkes verkündet. Die Souveränität des Volkes selbst ist aber in
Wirklichkeit nicht erstritten. Eine neue ungeheure Gefahr für das
deutsche Volk zieht herauf.
Diese Gefahr besteht darin, daß die staatliche Ge—
walt aus der Hand erblicher dynastischer Geschlechter
in die Hand der modernen Geldfürsten herübergleitet.
Es ist die Sendung der nationalen Bewegung, zu erkennen, daß
nur die Rückkehr zu den sittlichen Grundsätzen germanischer Staaten—
bisdung die Führung des Volkes im Geiste einer Epoche des Aufstieges
gewährleistet. Darum ist es ihre Pflicht, in der Geschichte der Erb⸗
dynastien und ihrer Hausmachtpolitik den wahren Ursprung deutschen
Niederganges zu erkennen. Darum darf sie niemals auf Grund von
Hemmungen der jüngeren Tradition für die Zukunft Deutschlands
das erbdynastische System der Führung zulassen. Die ältere Tradition
verdammt dieses System.
Nachdem sich unter den Landesherren der Pflichtbegriff des Dieners
am Staat und des Schirmherrn seiner Lehensmannen zum Begriff
des römisch- juristischen Besitzers von Land und Leuten gewandelt
hatte, setzte sich diese materialistische Staatsauffassung im gesamten
Volke durch. An Stelle der Führerauffassung germanischer Prägung,
welche an sittliche Grundgesetze und Pflichten gebunden ist, trat der
römische Begriff materiellen Eigentums. Während das deutsche Recht
sittliche Pflichten an den Besitz band, war der Besitz für das römische
Recht nur seelenlose Materie. Dem deutschen Rechtsbegriff wohnte die
dealistische Weltanschauung inne. Der römische Rechtsbegriff wurzelte
im Materialismus. Es war kein Wunder, daß der römische Rechts—
begriff von der obersten Schicht der besitzenden Kreise, sowohl von
den Fürsten als auch von den großen Grundherren, begrüßt wurde,
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