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mit an dem vorstaatlichen Erwachen der Arbeiterbewegung in Deutschland.
Während in den anderen westlichen Staaten, insbesondere Frankreich und
England, die Arbeiterbewegung entstand, als die nationale Staatsidee
schon das ganze Volk samt den Arbeitermassen in ihren Bann gezogen
hatte, begann das Erwachen des vierten Standes in Deutschland lange vor
der Gründung des Deutschen Reiches. Der englische Arbeiter war also erst
Engländer und dann Arbeiter, während die deutschen Arbeiter schon klassen—
mäßig empfanden, als sie in den Nationalstaat eingegliedert wurden. Es
ist in diesem Zusammenhang nicht unwichtig, festzustellen, daß die moderne
Kaufmannsgehilfenbewegung erst in den NOer Jahren entstand und deswegen
schon eine andere Ideologie erhalten mußte.
Das Vorwiegen des Klassenempfindens bereitet bis auf den heutigen
Tag dem Eingang nationalstaatspolitischer Gesinnung bei den organisierten
Arbeitern schwere Hindernisse. Daß sich das bisher nicht änderte, liegt aller⸗
dings sehr stark an dem Verhalten der herrschenden Schichten des alten
Regimes gegenüber den aufsteigenden Schichten des vierten Standes. Das
ist unser Hauptunglück, denn ohne nationalstaatspolitisch erzogene Führer⸗
schicht ist dauernde staatspolitische Führung nicht möglich. Ohne ein ethisches
Ziel, irgendeinen Glauben, in dessen Dienst man sein Streben stellt, gibt es
überhaupt keine Führung.
Da aber die Mehrheit der Führerschaft der Arbeitermassen in der reinen
Klassenideologie und in der materialistischen Gedankenwelt stecken geblieben
ist, kann sie den Staat nicht dauernd verantwortlich führen, weil sie den
Massen ihr Verhalten nicht klarmachen kann. Verantwortliche Staats⸗
führung bedeutet immer Ausgleich der Interessen, Kompromisse um der Ein—
heit willen, infolgedessen zeitweise auch Verstoß gegen das, was vom reinen
Interessenstandpunkt unbedingt für nötig gehalten werden muß. Das kann
man nur begründen mit der Idee des Nationalstaates, denn eine politisch
taktische Begründung hält gegenüber einem staatspolitischen Unverständnis
der Massen nur kurze Zeit vor. Nur eine breite Führerschicht, die von der
Notwendigkeit des nationalen Gemeinschaftsstaates innerlich überzeugt ist,
kann es fertigbringen, den Massen auch die Notwendigkeit des zeitweiligen
Verzichtes auf große Programmforderungen begreiflich zu machen. Eine
Volksschicht, die regieren will, muß sich über die damis verbundene An—
erkennung von Staatsnotwendigkeiten klar sein.
Der Massenführer, wenn er eine verantwortliche Staatsführung über⸗
nimmt, ist daher in den meisten Fällen in der unangenehmen Lage, entweder
seine Popularität zu verlieren und seiner Partei zu schaden, oder gegen den
Gemeinschaftsgeist und damit gegen das Staatsinteresse zu verstoßen. Diese
Erwägungen hemmen sehr stark den Willen und die Bereitwilligkeit der
Arbeitnehmerschicht, die Staatsverantwortung führend oder mitführend zu
übernehmen; immer bleibt latent die Oppositionsstellung zum selbstgeschaffenen
Staat im Vordergrund der Stimmung. Die Sozialdemokratie isi aus dieser
Ursache schon mehr als einmal am eigenen System machtpolitisch gescheitert.
Allerdings ist diese Haltung und der Mangel staatspositiver Entwicklung
in weiten Arbeitnehmerschichten im wesentlichen eine Folge der klassen⸗—
gerichteten Einstellung des Unternehmertums und des Mangels wahrhaft
nationaler Gesinnungskraft bei der Bourgeoisie. Die Arbeitnehmer finden
auf der bürgerlichen Seite — und sie haben dafür ein scharfes Auae