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genau die materialistische und führungsunfähige Einstellung, die man
ühnen vorwirft. Es ist in Wahrheit kein Unterschied vorhanden; alle
schönen „nationalen“ Reden können darüber nicht hinwegtäuschen, denn es
sind nur Worte, schöne Worte, nach denen kein Mensch innerlich zu handeln
bereit is.. Deswegen sind auch alle Reformvorschläge und Ideen wirkungs—
los, denn eine neue politische Idee wird — auch im Bürgertum — im all—⸗
gemeinen erst dann begriffen, wenn es gelungen ist, den Personenkreis nach—
zuweisen, der ein einleuchtendes Interesse daran hat, sich ihrer zu seinem
Vorteil zu bedienen.
Der nationale Gedanke
Die Masse als Reflexbewegung wird daher nicht eher nationalen Ge—
dankengängen zugänglich sein, als bis das Bürgertum selber an seine natio—
nalen Reden glaubt und danach handelt. Die nationale Idee fordert genau
so wie die demokratische die Einheit des Volkes. Die Einheit
ist aber in einem demokratischen Staat, der doch nach seinem Ursprung nur
die christliche Idee der Gleichheit vor Gott in der Gleichheit aller Volks—
genossen im Staate verwirklichen will, eben nur durch die von allen
zewollte Gleichheit zu verwirklichen.
Das Bürgertum steht vor der Entscheidung, ob es dem neuen demo⸗
kratischen Staat aus der Vergangenheit den nationalen Mythos als große
Einigungskraft retten will, um damit von sich aus den Versuch zu machen,
die Einheit der Nation wiederherzustellen, oder ob der Klassenkampf bis
zur Entscheidung durchgefochten werden soll. Bis zur Entscheidung mit
allen seinen Möglichkeiten!!
Der nationale Gedanke ist im tiefsten Innern begründet auf dem
Blauben, daß das Volk ein aus Gottes Schöpferkraft entstandener eigener
debens- und Wesensorganismus ist. Aller Fortschritt der Menschheit auf
den verschiedensten Lebensgebieten offenbart sich in den Volkstümern, die in
Wetteifer und gegenseitiger Befruchtung dem höchsten Ziele, dem letzten
Menschheitsziele, nachstreben sollen. Deswegen ist der demokratische Traum
einer großen Menschheitsdemokratie, in der die Volkstümer in einem großen
Menschheitsbrei untergehen müßten, keine Ideologie mehr, sondern eine
ltopie, denn er verstößt gegen die Grundlage alles natürlichen Wachstums.
„Blut ist ein ganz besonderer Saft.“
Nur aus seinem Mythos heraus ist die Idee des Nationalstaates zu
vegründen und zu erhalten. Entschwindet der nationale Gedanke einem Volk,
so fehlt ihm der göttliche Lebensodem: und es geht mitsamt seinem Staat zu—⸗
grunde, und andere Völker und Staaten übernehmen die Führung der
Menschheit, denn auch in der Völkerfamilie gibt es Führervölker und das
Volk, das in der Entwicklung seiner völkischen Idee die Menschheitsidee
bei sich am höchsten entwickelt, wird trotz vorübergehender politischer Rück⸗
schläge ein Führervolk sein.
Dieser Idee entspringt die völkische Bewegung und die nationale Be—⸗
wegung des im Staate oder in Staaten vereinten Volkstums. Sie ist
eine im letzten Grunde romantische Bewegung, ein Ausdruck der Sehnsucht
des Volkes, das aus der materialistischen Begründung nicht die seelische Kraft
für Volks⸗ und Staatseinheit ziehen kann. Deswegen ist die neuerstarkende
und ungestüm vorwärtsgrängende nationale Bewegung der Nachkriegszeit