Full text: Die Führerfrage im neuen Deutschland

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Das ist unser Glaube! 
Aber dieser unser Zukunftsglaube vermag sich nicht aufzurichten an der 
Verantwortungslosigkeit und Gesinnungslosigkeit unserer Zeit, er verlangt 
Entscheidung und sittliche Haltung. 
Durch Hingebung an ein Glückseligkeitsdogma, das auf Vernunft und 
Egoismus aufgebaut ist, wird uns niemals geholfen. 
Die Gewissenskrisis unserer Zeit wird nur durch einen Appell an die 
seelischen Kräfte, die auch von Treue und Opfer und Einsatz wissen, gelöst 
verden, wie sie uns in herrlicher Bewährung in unserer deutschen Ver—⸗ 
zangenheit überliefert wurden. 
Das hat nichts zu tun mit Reaktion und reaktionären Wünschen, die 
oft genug in schnödem Materialismus inhaltslos gewordene Institutionen zu 
erhalten oder wiederherzustellen suchen, die in starrem Traditionalismus Vor—⸗ 
rechte zu verteidigen oder wiederherzustellen suchen, die längst ihre innere Be— 
rechtigung verloren haben. 
Der nationale Mythos schafft aus lLebendigem Geist, aus einer 
lebendigen deutschen Vergangenheitt für eine inhaltsreiche 
und kraftvolle deutsche Zukunft, nicht in Ueberlieferung toter und inhalts— 
los gewordener Formen, sondern in neuer Prägung aus seinem Wesen heraus. 
In ihm ruht die Schöpferkraft und die Kraft zu neuer Gestalt. 
Welche Aufgabesteht heute vor uns? 
Genau die, die uns Ranke, unser großer Historiker, als kommende 
große Aufgabe gezeigt hat: 
„Eine uns eigene große Aufgabe haben wir zu lösen, den echt deutschen 
Staat haben wir auszubilden, wie er dem Genius (wir haben gesagt dem 
Mythos) entspricht.“ 
Die Gestaltungskraft des nationalen Gedankens wurzelt in dem starken 
Blauben. 
Aber: die Gläubigkeit mündet allzu leicht in eine politische Romantik, 
die den Tatbestand des modernen Lebens — die größere geistige Differenziert⸗ 
heit unserer heutigen Zeit einer richtunggebenden Vergangenheit gegenüber, 
die man zu erfassen sucht — allzu leicht übersieht. 
Die junge nationale Bewegung unserer Zeit ist überaus 
erfreulich in ihrer Gesinnungsgrundlage, ihrer Begeisterung und Opferbereit⸗ 
schaft und in ihrem Führungs- und Gefolgschaftswillen. 
Aber die Gesinnung allein tut es nicht! 
Auch die junge politisch⸗nationale Bewegung im neuen Deutschland muß 
sich davor hüten, in überheblicher Kritik und großen begeisterten Reden, in 
Aufmärschen und Massenkundgebungen stecken zu bleiben. Die weltwirtschaft⸗ 
lichen und weltfinanzpolitischen Verbundenheiten, ohne die eine deutsche Volks— 
virtschaft und Volksernährung nicht möglich ist, ziehen auch dem begeistertsten 
Willen und Draufgängertum Grenzen, die sie nicht ungestraft überschreiten 
können. Leicht kann Begeisterung zur Unbesonnenheit führen, wenn sich nicht 
aüchterne Alltagsarbeit mit ihr vereint. Ein Weltvolk wie das deutsche lebt 
in einem überaus komplizierten Staats- und Wirtschaftsapparat, den in seinen 
Einzelheiten zu durchdringen eine ernste Arbeits- und Bildungsaufgabe ist. 
Der Erfolg einer nationalen Bewegung wird schließlich immer davon ab⸗
	        
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