Full text: Die Führerfrage im neuen Deutschland

bei uns erlebt hat, bekommt eine Ahnung, wie vielgestaltig und tiefschürfend 
im D. H. V. sowohl für den Beruf, als auf dem Gebiete des kulturellen 
debens und der Staatspolitik die Bildungsaufgabe durchorganisiert und ge— 
pflegt wird. Ein großes Leitmotiv haben wir uns als leuchtendes Ziel auf— 
gestellt: das feierlich in Leipzig auf dem Reichsjugendtag verkündete Be—⸗ 
kenntnis. Es lautet: 
„Wir, die Kaufmannsjugend im D. H. V., wollen: an Leib und Seele 
ganze Männer werden und im Berufe die Tüchtigsten sein. 
Wir wollen in der Lehre und durch Eingliederung in unsere Gewerk⸗ 
schaft rastlos und freudig an uns arbeiten. 
Wir wollen durch unsere Arbeit im Leben, im Beruf und in der Ge⸗ 
verkschaft unserem Volke dienen, dem wir uns aufs innigste verbunden 
fühlen.“ 
Die ganze Wucht dieser Worte lastet auf unserer Arbeit als die große 
Verantwortung, die wir mit unserer Bewegung in tiefinnerlicher Ueberzeugung 
ibernommen haben. 
Daß der D. H. V. seine Mitglieder von der Jugend bis zum später Alter 
mit Fürsorge gegen alle Nöte des Lebens umhegt, ist eine Selbstverständlich— 
keit, denn wir halten den Staat und seine Bürokratie nicht berufen, die ge⸗ 
sunde Selbstverwaltung den Ständen zu ersetzen. Ohne Selbstver— 
waltung kein Verantwortlichkeitsgefühl! Gerade das 
Verantwortlichkeitsgefühl, das durch die Selbstverwaltung in einem Stande 
erzogen wird, liefert dem Staat die besten Staatsbürger und den Nachwuchs 
für die Erfüllung seiner Aufgaben, die ihm keine bürokratische Erziehung 
schaffen kann. Die völlig abwegige Anschauung, daß der Staat Allmacht und 
Allmacher ist, zerstört die organisch wachsenden Bindungen im Volk, in denen 
das staatliche Verantwortungsbewußtsein und das Gefühl der Volks— 
verbundenheit am besten gedeiht. 
Von größter Bedeutung aber für dieses Staatsbewußtsein ist das Ge⸗ 
fühl der Macht, das der Verband seinen Mitgliedern vermittelt. Macht 
auf wirtschaftlichem, gewerkschaftlichem — Macht auf politischem Gebiet. 
Was nützt alle Einsicht, was nützen Bekenntnisse, was Gesinnungen, wenn 
sie keine Macht haben, sich Geltung zu verschaffen. Wir wissen, daß die 
Gegner volkhafter und wahrhaft demokratischer Entwicklung diesem Macht- 
streben innerlich am ablehnendsten gegenüberstehen, weil — nur weil sie 
eben gerne allein die Macht hätten, ohne zu bedenken, wie kurzsichtig diese 
Denkweise ist. 
Weder das einfache Staatsbürgerrecht noch die Wirtschaft können dem 
einzelnen Arbeitnehmer, dem Einzelnen aus der Masse das Gefühl der Ver— 
hundenheit mit dem Staate vermitteln. Den komplizierten Systemen der 
Wirtschaft wie der Politik ist der vereinzelte Mensch geistig nicht gewachsen. 
Auch in den Parteien gibt es heute, wenn man weder Geld hat noch der 
Staatsbürokratie angehört, keine Möglichkeit, Einfluß auszuüben. Der ein— 
fache und ungeschulte Mensch steht sowohl den politischen Dingen als dem 
fomplizierten Wirtschaftsorganismus rat- und hilflos gegenüber. Er würde, 
zuf sich allein gestellt, im Gefühl der Rat- und Machtlosigkeit aus seinen Nöten 
heraus leicht die Beute jedes Demagogen und der jeweils radikalsten Richtung 
verden. Wir sehen das ja heute in den zwecklosen und minderwertigen
	        
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