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lehrung oder der praktischen Beeinflussung, verbunden ist. Die Mit-
teilung muß vielmehr Selbstzweck sein. Daß der vielleicht größte Teil
unserer Gespräche dahin gehört, ergibt sich aber schon aus ihrem In-
halt. Denn dieser ist vielfach so einfacher und selbstverständlicher
Natur, enthält so vielfach teils dem anderen bereits Bekanntes, teils für
ihn völlig Belangloses, daß von einem weitergehenden Zweck nicht die
Rede sein kann. Der größte Teil der Gespräche in der Gesellschaft, am
Stammtisch oder im Ballsaal gehört hierher. Bei den Naturvölkern
treibt unser Trieb gelegentlich in dieser Richtung die seltsamsten Blüten,
indem die allerselbstverständlichsten und natürlichsten Dinge zum Gegen-
stand umständlicher wechselseitiger Mitteilungen gemacht werden‘).
Während hier vielfach nur noch von einer Spielform unseres Triebes
die Rede sein kann, liegt eine reine Ernstform vor in der allgemeinen
menschlichen Neigung, Neuheiten rasch weiterzuverbreiten — eine be-
kannte Tatsache, deren Wirkung der Forschungsreisende gelegentlich
auch bei den Naturvölkern beobachten kann, bei denen sich die Kunde
von dem wunderbaren Ereignis seines Erscheinens überraschend schnell
zu verbreiten pflegt. Der Anteil des Selbstgefühls an diesem Phänomen
liegt übrigens auf der Hand. Anderseits könnte man als ein „Geräusch-
spiel“ auch die Gepflogenheit mancher Negerstämme betrachten, bei
Volksversammlungen die legten Worte des Redners durch den Chor der
Versammelten wiederholen oder erraten zu lassen. Und dasselbe Wort
könnte man auch auf manche unserer gesellschaftlichen Unterhaltungen
anwenden, bei denen die lautlichen Gaben, mit denen wir uns wechsel-
seitig überschütten, dieselbe Indifferenz der Redenden gegenüber ihrer
intellektuellen Bedeutune zeigen.
Die Ausdruckst ätigkeit.
5. Die große Bedeutung des Mitteilungstriebes
liegt darin, daß durch ihn die Fülle der Kenntnisse innerhalb einer
Gruppe gesteigert wird, die ihrerseits wieder von vielfacher fördernder
Bedeutung sind, aber nicht um dieser willen angestrebt und verbreitet
werden. Namentlich nach drei Richtungen hin zeigt sich diese wohl-
tuende Wirkung. Erstens wird die Anerkennung irgendwie
führender Personen dadurch begünstigt, daß diese viel-
fach den Herold ihres eigenen Ruhmes abgeben, indem sie von ihrer
Tätigkeit, ihren Plänen, ihrer Fähigkeit usw. bei jeder Gelegenheit
sprechen. Wenn auch das Selbstgefühl an ihrem Verhalten stark beteiligt
ist, ist dieses doch ohne Wirksamkeit des Mitteilungstriebes kaum zu er-
klären. Jedenfalls wird dadurch die Überzeugung von ihrer Tüchtigkeit
und deren Anerkennung und damit der Wille zur Unterordnung ihnen
‘) Koch-Grünbere. Unter den Indianern Südamerikas Il. 267 und 318.