mille beobachtet hat, so entsteht die Frage, ob dieser Ausschlag ein
„zufälliger“ ist, ob also nur individuelle Ursachen die Abweichung
veranlaßt haben, oder ob eine bleibende Ursache, z. B. hygienischer
Natur, die große Sterblichkeit hervorgebracht hat.
Dies muß man unbedingt entscheiden können; denn sonst
wird man nie wissen, ob in der Zukunft auf ein Wiederauftreten
der gefundenen Sterblichkeit zu rechnen ist oder ob nicht vielleicht
schon in kürzester Zeit sich die Sterblichkeit sogar günstiger als
in der Gesamtbevölkerung gestalten wird.
Eine wichtige Aufgabe der Statistik ist es also, festzustellen,
wie man die Probleme löst und unter welchen Bedingungen eine
Lösung Gültigkeit hat. Hier sei nur die allgemeine Regel erwähnt,
daß der sich von den Individualursachen herleitende Spielraum bei
zunehmender Anzahl von Beobachtungen kleiner wird.
Die ganze Lehre: teils die Lehre von den Bedingungen, unter
denen man trotz störender Einflüsse der Individualursachen die
Regelmäßigkeit in den statistischen Phänomenen erklären kann, teils
die Lehre davon, wie man denn von solchen Phänomenen weiter
schließt, wird daher im allgemeinen zusammengefaßt unter der von
Poisson stammenden Bezeichnung: das Gesetz der großen
Zahl. Dieser Ausdruck hat oft zu Mißverständnissen Veranlassung
gegeben, da er fehlerhafterweise den Gedankengang auf solche exakten
Gesetze, wie man sie z. B. in der rationellen Mechanik vorfindet,
leitet; er hat sich jedoch allmählich ein gewisses Bürgerrecht in
der Statistik erworben und wird daher auch im folgenden gelegent-
lich benutzt werden. Wie erwähnt, gibt das „Gesetz“ das Haupt-
mittel dazu ab, den Spielraum wirkender Individualursachen zu be-
stimmen und dabei die Anwesenheit etwaiger Gemeinursachen zu
erkennen.
9. Viele ältere Statistiker nahmen auf diesen Spielraum keine
Rücksicht. Obzwar man natürlich keineswegs um die Einflüsse der
Individualursachen herumkam, suchte man sich jedoch in der Regel
nicht über den Grad des Einflusses solcher Ursachen klar zu werden.
Da es.sich bald erwies, daß die Regelmäßigkeit in den statistischen
Ergebnissen im allgemeinen mit wachsender Anzahl von Beob-
achtungen steigen müsse, begnügte man sich mit der allgemeinen
Annahme, nur mit sehr großen Zahlen operieren zu brauchen, um
Trugschlüsse zu vermeiden; es blieb aber die Frage, wie groß denn
eigentlich die Zahlen sein müßten, um das angestrebte Ziel zu er-
reichen. Solange diese Frage unbeantwortet blieb, konnte man nur