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hat große Fortschritte gemacht, namentlich seitdem man hier und
Jort auf die Behandlung der Einzelfälle gekommen war und so ge-
rade zur Klärung der Frage des Rückfalls beitrug. Die Wirtschafts-
statistik, die erhebliche Schwierigkeiten zu überwinden hatte,
Jarf ebenfalls als durchaus fortschrittlich bezeichnet werden.
48. Ohne Kampf sind diese Resultate nicht erreicht worden.
Man kann sozusagen die Geschichte der Statistik an dem Zutrauen
verfolgen, welches mehrere Generationen den Volkszählungen als
brauchbarem Mittel zur Erforschung der Bevölkerungsverhältnisse
zollten. Bei den politischen Arithmetikern des 18. Jahrhunderts ge-
nossen sie dies, wie erwähnt, oft nur in geringem Maße, und noch
im 19. Jahrhundert begegnet man sehr kräftig bekundetem Miß-
trauen. Wo es die Aufstellung einer Sterbetafel galt, suchte
man oft die Volkszählungen zu umgehen. Hermann, der, ‚wie
ben gesagt, eine Reihe von Jahre hindurch die bayerische Statistik
leitete, wollte eine Sterbetafel in der Weise anfertigen, daß er Jahr
für Jahr eine Generation von der Wiege bis zum Grabe behandelte
wobei er auf Geburten und Todesfälle aufbaute und zur Berichti-
zung die Militäraushebungen mit in Betracht zog. Kin interessanter
Versuch, die Militäraushebungen zur Verbesserung des Beob-
achtungsmaterials zu benutzen, wurde 1838—1839 in Frankreich
von Demonferrand unternommen. Ein belgischer Mathematiker
suchte auf Grundlage von Sterbelisten für Belgien für die Zeit von
1841—1850 eine Sterbetafel zu berechnen, indem er einen gewissen
Bevölkerungszuwachs voraussetzte. Bei der Wahl eines solchen
konnte man natürlich verschiedene Wege gehen. Es muß sehr
schwer gewesen sein, diese Verhältnisse klar zu durchdenken; denn
ain zweiter Belgier, der Statistiker Heuschling, wollte ganz einfach
den Geburtenüberschuß dadurch berücksichtigen, daß er ihn pro rata
auf die Todesfälle innerhalb der einzelnen Altersgruppen verteilte,
Er sah nicht, daß er bei Benutzung der so gefundenen Zahlen für
die Berechnung einer Dekrementtafel zu genau denselben Resultaten
gelangte, wie wenn er gar nicht diese pro rata-Berechnung Vvorge-
nommen hätte. Daß Heuschling auf diesen Denkfehler nicht aufmerksam
wurde, liegt jedenfalls wohl daran, daß er bei seiner Berechnung vom
Li. Lebensjahr absah; in der folgenden Diskussion (1854), an der
sich auch Quetelet beteiligte, war Heuschling der Unterlegene,
und zwar nicht ohne Bitterkeit, da er namentlich einen seiner
Gegner des Plagiats beschuldigte.
Mittlerweile siegte die Volkszählung in der amtlichen Statistik.