2
204 Reichsgesetzblatt, Jahrgang 1925, TeilJ
der Finanzen kann ein hiervon abweichendes Verfahren
anordunen, insbesondere bestimmen, daß für die Be—
träge Steuermarken in die Steuerkarte eingeklebt und
entwertet werden.
882
Die zur Durchführung der Vorschriften der 88 69
bis 81 erforderlichen Anordnungen trifft der Reichs—
minister der Finanzen.
878
(1) Der Arbeitgeber haftet dem Reiche für die Ein—
behaltung und Entrichtung der in den 88 70, 73, 74 be—
stimmten Beträge neben dem Arbeitnehmer.
(). Die Haftung des Arbeitnehmers beschraͤnkt sich
auf die Fälle, in denen
l. der Arbeitslohn nicht vorschriftsmäßig gekürzt
worden ist/
2. der Arbeitgeber die einbehaltenen Beträge nicht
vorschriftsmäßig verwendet hat und dem Arbeit-
nehmer dies bekannt ist, in diesem Falle erlischt die
Haftung, wenn der Arbeitnehmer dem Finanzamt
von dieser Kenntnis unverzüglich Mittelung
macht.
879
Ob und inwieweit im einzelnen Falle die Vorfchriften
der 88 69 bis 77 anzuwenden sind, entscheidet auf
Anrufen eines der Beteiligten das Finanzamt. Gegen
die Entscheidung des Finauzamts ist nur die Beschwerde
an das Landesfinanzamt zulässig.
880
Die Träger der Reichsversicherung nach der Reichs⸗
verficherungsordnung und die Träger der Versicherung
nach dem Angestelltenversicherungsgefetze haben den Finanz⸗
behörden jede zur Durchführung der 88 69 bis 77 und
der den Finanzämtern öbliegenden Prüufung und Auf—
sicht dienliche Hilfe zu leisten. Juͤsoweit finden die
Vorschriften des 8142 der Reichsversicherungsordnung
und des 8346 des Angestelltenversicherungsgefetzes keine
Anwendung.
881
Soweit nach gesetzlicher Vorschrift die Veranlaguug
zur Einkommensteuer als Grundlage für Besteuerungs⸗
rechte von Körperschaften des öffentlichen Rechtes zuge⸗
lassen ist und die auf den Arbeitslohn entfallende Ein—
ommensteuer nicht veranlagt wird, geiten die nach 8870,
73, 74 einbehaltenen und nach 8 77 vorschriftsmäßig
abgeführten oder verwendeten Beträge als veranlagt.
Soweit eine Feststellung der vom Arbeitslohn einbehal—
tenen Beträge während der ersten Jahre der Geltung
dieses Gesetes nicht erfolgt, können an ihrer Stelle
Panschbeträge festgesetzt werden. Setzen die Landesregie,
rungen Pauschbeträge als Grundlage für die Veranlagung
der Kirchensteuer fest, so treffen sie die näheren Bestim⸗
mungen zur Durchführung im Einvernehmen mit dem
Reichsminister der Finanzen und nach Benehmen mit
den beteiligten Körperschaftem. Setzt in einem Lande,
in dem eine Kirchensteuer in Form von Zuschlägen zur
Einkommensteuer erhoben wird, die Landesregierung
Pauschbeträge hierfür nicht rechtzeitig fest, so ist der
Reichsminister der Finanzen ermaͤchtigt, nach Benehmen
mit der beteiligten Körperschaft die Festsetzung mit
Zustimmung des Reichsrats vorzunehmen.
2. Steuerabzug vom Kapitalertrag
d83
(1) Bei folgenden inländischen Kapitalerträgen wird
die Steuer durch Einbehaltung von 10 vom'Hundert
erhoben (Steuerabzug vom Kapitalertrag):
1. Dividenden, Zinsen, Ausbeuten und sonstige Ge—
winne, welche entfallen auf Aktien, Kure, Genuß⸗
scheine sowie auf Anteile an der Reichsbank, an
Kolonialgesellschaften, an bergbautreibenden Ver—
einigungen, welche die Rechte einer juristischen
Person haben, und an Genossenschaften, sofern
bei letzteren die Zinsen je Mitglied und Jahr
10 Reichsmark übersteigen;
Einkünfte aus der Beteiligung an einem Han—
delsgewerbe als stiller Gesellschafter;
Zinsen aus Anleihen, die in öffentlichen Schuld—
büchern eingetragen oder über die Teilschulbver—
schreibungen ausgegeben sind, wenn die Eintra—
gung in öffentlichen Schuldbüchern oder die Aus—
gabe von Teilschuldverfchreibnugen nach Einfüh—
rung der Rentenmark (15. November 1923) er—
folgt ist, oder wenn es sich um wertbeständige An—
leihen handelt.
(2) Als inländische Kapitalerträge gelten Kapital—
rträge, wenn der Sitz oder Ort der Leitung des
Schuldners im Inland liegt.
(3) Der Steuerabzug (Abs. 1) ist auch vorzunehmen,
venn die Kapitalerträge in einem land- oder forst⸗
wirtschaftlichen oder in einem gewerblichen Betrieb
anfallen.
(9), Als Kapitalerträge im Sinne des Abs. J1 gelten
auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben Kapi—
talerträgen der im Abs. 1 genannten Art oder an deren
Stelle gewährt werden.
8 84
Der Steuerabzug ist nicht vorzunehmen von Zinsen,
Dividenden und sonstigen Gewinnbeträgen der im 883
Abs. 1 Nr. 1,3 bezeichneten Art, sofern Gläubiger und
Schuldner die gleiche Person sind.
z 85
(0) Der Steuerabzug ist vom Schuldner der Ka—
pitalerträge zu bewirken.
() Dem Steuerabzug unterliegt der volle Kapital—
ertrag ohne Abzug von Schuldzinsen, Werbungskosten
und des als Steuer abzuziehenden Betrags.
886
Der Schuldner hat die Steuer bei Fälligkeit des
kapitalertrags für Rechnung des Gläubigers einzu—
behalten und innerhalb einer Woche nach Fälligkeit
an das für den Schuldner zuständige Finanzamt ab—
zuführen. Er hat die Steuer auch dann abzuführen,
wenn der Gläubiger die Einforderung des Kavital—
ertrags unterläßt.