40 3. Kapitel. Falsche Kapitalbildung.
Wir sind mit diesen Erörterungen schon tief in die
Probleme der heutisen Kapitalbildung in Deutschland
hineingekommen. Ich habe in jenem Aufsatz zum ersten
Male die Frage aufgeworfen: „Kann die Aufwendung
von soundso viel Milliarden für den Wohnungsbau
— in den letzten Jahren durchschnittlich 3 Milliarden
Mark — als Kapitalbildung angesehen werden?“
„Und wie wirkt sie auf die sonstige Kapitalbildung bzw.
Verwendung?“ Ich zeigte dort, wie es meiner Grenz-
ertragslehre entspricht, daß genau wie die einzelne
Wirtschaft Kosten auf diejenigen Bedürfnisse ver-
wendet, wo die größten Nutzen verglichen mit den
Kosten, also die größten Erträge (hier psychisch, als
Konsumertfräge) noch zu erzielen sind (Gesetz des Aus-
gleichs der Grenzerträge), ebenso die rationellste Ver-
feilung der Kapitalien und Arbeitskräfte im ganzen
Tauschverkehr auf Grund der zu erzielenden Geld-
erträge erfolgt. Bei der Wohnungsvermietung aber sind
diese Erträge verhältnismäßig niedris, weil die Miet-
preise durch staatliches Eingreifen künstlich tief ge-
halten werden. Wären sie dem freien Verkehr über-
lassen, würden die Mietpreise wohl wesentlich höher
sein, und ein erheblicher Teil der heutigen Wohnungs-
nachfrage nicht befriedist werden können.
Es fragt sich aber, wie diese starke Kapitalaufwen-
dung für den Wohnungsbau auf die übrige Volkswirt-
schaft wirkt. Es fragt sich, ob die heutige Nachfrage nach
Wohnungen wirklich so intensiv ist, wie es immer dar-
gestellt wird. Dabei wollen wir zunächst Sozialpolitische
und volkshysienische Erwägungen bezüglich Beschaffung
besserer Wohnungen für die ärmeren Klassen ganz aus-
schalten. Ein großer Teil der Wohnungsnachfrage hänst
mit den niedriggestellten Mietpreisen zusammen und
würde verschwinden, wenn diese höher wären, die Woh-
nungszwangswirfschaft also beseitigt würde. Doch ist
das noch kein Argument für die Behauptung der Sozia-
listen, daß die Löhne heute zu niedrig seien. Gewiß wäre