L Braucht die Börse Kapital? a 61
absolutierend sagt: „die Börsenspekulation“. Wenn man
jene unpersönliche, naturwissenschaftliche Betrachtungs-
weise vermeiden und erkennen würde, daß hinter allen
wirtschaftlichen Vorgängen Menschen stehen, die sie
allein in Gang setzen, hätte man das längst eingesehen,
Daß jedem Käufer ein Verkäufer gegenübersteht, isf
natürlich nicht „im geringsten ein Argument für jene
These. Mit gleichem Recht könnte man behaupten, daß
der Handel kein Kapital in Anspruch nehme, sondern
daß er „das Geld nur weiterleite“. Die herrschende
„Güterlehre“ zieht diesen Schluß nur deshalb nicht, weil
der Kaufmann ja das Geld in Güter, Waren steckt, die
nach der herrschenden Auffassung sein Kapital sein
sollen. Aber ebenso: sind auch die Effekten als Güter zu
bezeichnen, und ein Unterschied liegt höchstens in dem
schnelleren Umsatz der Spekulation, was aber für die
Warenspekulation ebenso gilt wie für die Effekten-
spekulation. Es ist doch kein Zweifel: Zum Umsatz einer
gleichen Summe von Waren und Effekten wird die
gleiche Menge umlaufenden Kapitals gebunden, nur daß
die Effekten, efwa hundert Stück Aktien, in demselben
Zeitraum vielleicht durch zehnmal so viele Hände hin-
durchgehen.
Worauf es ankommt, daß wird nicht mit der üblichen
statischen Betrachtungsweise, die insbesondere auch
Cassel und Weber vertreten, sondern nur mit einer
dynamischen Betrachtungsweise erkannt. Entschei-
dend ist nämlich, daß durch die Preissteigerungen, die
die Spekulation herbeiführt, enfspr echend mehr
Kapitalien gebunden werden als vorher, Und das gilt,
einerlei, ob die Spekulation mit Kreditinanspruchnahme
erfolst oder ohne solche, Natürlich bindet aber ein gut
organisierter Terminhandel sehr viel weniger Kapital als
der in New-York allein übliche Kassahandel. Merz-
bach sagt daher mit Recht: „Nur ein Land mit so gewal-
tigem Kapitalüberfluß kann sich den Verzicht auf den
Betriebsmittel ersparenden Terminmarkt leisten.“ Die