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Die Gestalten sind infolgedessen auch mathematisierbar. Ja, die Ver-
treter der „Gestalttheorie‘“ legen besonders‘ Wert darauf, zu betonen,
daß ihre Betrachtungsweise die Mathematisierbarkeit der Natur-
erscheinungen sogar steigere. „Gestalten‘‘ sind nach der Meinung
Köhlers überall dort (und nur dorl?), wo „in der Physik die
theoretischen Aufgaben auf partielle Differentialgleichungen, auf
Integralgleichungen und auf Systeme simultaner algebraischer Glei-
chungen führen“ 14,
Während der Strukturbegriff als Ordnungsprinzip in den Natur-
wissenschaften erst seit einem Menschenalter allgemeinere Gellung
sich zu verschaffen beginnt, ist ein anderer Allgemeinbegriff von jeher
in Übung gewesen und kann als das wichtigste Ordnungsprinzip der
modernen Naturwissenschaften angesehen werden, das ist
3. der Gesetzesbegriff. Mit seiner Hilfe will der Forscher die
Erscheinungen in der Natur in der Zeit ordnen, indem er Formeln
aufstellt für die im Ablauf der Naturprozesse beobachteten Regel-
mäßigkeiten. Es handelt sich bei den Gesetzen also immer nur um
Regelmäßigkeiten der Sukzession, nicht der Koexistenz; denn — nach
Meinung des modernen Naturforschers — sind „letzte Elemenle des
Universums nicht Dinge, sondern Vorgänge“, Da es sich bei den
beobachteten Erscheinungen nur noch um Größen handelt, so sind
alle Naturvorgänge Bewegungen: so hatte es Galilei verkündet, der
zuerst die Bewegung zum Gegenstande der Untersuchung machte und
nicht die Dinge, und dabei ist es bis heute geblieben. Das Nalurgeselz
ist eine „Regel zeitlicher Aufeinanderfolge von Bewegungen als Aus-
druck der Metamorphose eines seinem Wesen nach ewig Gleichen“.
Der Bereich, innerhalb dessen man diese Regelmäßigkeiten der Be-
wegung feststellt, heißt das „Krafifeld“.
Die Ordnung erfolgt nun in der Weise, daß man die beobachteten
Tatsachen innerhalb eines Krafifeldes „funktionalisiert“, das heißt
in Beziehung setzt [v=f(z,y,z...)] und in den Bewegungen dieser
Veränderlichen die Konstanz gewisser Kombinationen während eines
Naturvorganges feststellt, die sich beobachten läßt, obwohl die
Größen selber im Laufe des Vorgangs sich ändern. Da man die
Beziehungen in unendlich kleinen räumlichen und zeitlichen Ab-
4% W, Köhler, Die physikalischen Gestalten. 1924. S. 117.