Normalität‘ liefern, wie Dühring es genannt hat, oder, um in
ınserer Terminologie zu bleiben, die ‚spezielle‘ Physiologie des
sozialen Körpers, die Tauschwirtschaft. Wenn wir dieses Bild mit
dem Bilde vergleichen, das uns die politische Sozialökonomik von
dem gleichen Objekte der Wirklichkeit liefert, so erhalten wir die
Gewißheit, daß der soziale Körper der Tauschwirtschaft von einer
schweren Krankheit befallen ist.‘“8 Von den naturwissenschaft-
lichen Bestandteilen, die das Oppenheimersche System außer dieser
Metaphysik enthält, wird am geeigneten Orte weiter unten noch die
Rede sein. N
3. Die Rationalisten
Unter sozialem Rationalismus will ich diejenige Gesellschafts-
and insonderheit Wirtschaftsphilosophie verstehen, die die Richt-
jinien für das praktische Verhalten aus den Postulaten der mensch-
lichen Vernunft ableitet, indem sie diese nicht nur als Erkenntnis-
mittel, sondern auch als Quelle der Soll-Sätze betrachtet. Diese Soll-
Sätze sind wieder in einem echten Naturrechte enthalten, das, wie
das stoische, dualistisch ist und auf der Anerkenninis einer höheren,
der kreatürlichen Welt gegenübergestellten Ordnung, eines transzen-
denten Vernunftreichs, eines Reiches der Freiheit beruht. Die „rich-
tige‘ Wirtschaft ist gemäß dieser Auffassung also die vernünftige
Wirtschaft.
Unnötig zu sagen, daß dieser Rationalismus zurückgeht auf jene
Geisteshaltung, die wir uns gewöhnt haben, als „Aufklärung“ zu
bezeichnen. Es ist das „siecle des lumieres‘“, auf das die bekannten
Verse von Marie Joseph Chenier, eines Nachkömmlings des Zeit-
alters Voltaires, zielen:
„C'est le bon sens, la raison, qui fait tout:
„Vertu, genie, esprit, talent et goüt;
‚Q’est-ce vertu? raison mise en pratique;
„Talent? raison produit avec 6clat;
„Esprit? raison, qui finement . s’exprime.
„Le goüt n’est rien qu’un bon sens delicat;
„Et le gönie est la raison sublime.“
39 Franz Oppenheimer, Theorie der reinen und politischen Ökonomie,
2. Aufl. 19171. S. 84.