Full text: Die drei Nationalökonomien

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Begründung vermissen lassen, ist die Herausarbeitung der ganz be- 
sonderen Art von Erkenntnis, die in Frage kommt, wenn wir Ziele 
aufstellen oder Werturteile fällen. Die Lücke auszufüllen, ist die Auf- 
gabe der folgenden Darlegungen. Dazu bedarf es aber der genauen 
Feststellung des Sachverhaltes, auf den sich die Betrachtung bezieht, 
die in Zielsetzungen oder Werturteilen ausläuft. Ich versuche, diesen 
Tatbestand, rein „phänomenologisch‘‘, wie man das heute nennt, zu 
erfassen. 
Alles Handeln erfolgt nach Zwecken: Aufstellung von „Richt- 
linien‘“ für das Handeln bedeutet ein Urteil über praktisches Ver- 
halten. Jedes Urteil über „richtiges‘‘ Handeln ist ein Urteil über 
„richtige‘“ Zwecksetzung oder „richtige“ Mittelwahl. Diese kommt 
für uns, die wir nach den Erkenntnisgrundlagen einer „Norm‘‘- 
Wissenschaft (richtenden Wissenschaft) und nicht nach denen einer 
Kunstlehre Ausschau halten, nicht in Frage. 
Das Urteil über „richtiges“ Handeln enthält also einen Entscheid 
in der Auswahl von Zwecken. Jeder solcher‘ Entscheid gründet auf 
einem „„Werturteil‘, das heißt einem Vorzugsurteile. 
Jeder Entscheid in der Auswahl von Zwecken setzt zu seiner Be- 
gründung voraus ein System von Zwecken, das notwendig in einem 
höchsten Zwecke gipfelt. Oder — was dasselbe ist —: jedes Wert- 
urteil bekommt seinen Sinn nur in einem System von Werten, das 
in einem tiefsten Werte gründet. Der höchste Zweck ebenso wie der 
tiefste Wert sind aber — denknotwendig — transzendent. Das be- 
deutet aber— und dieses ist der Springpunkt—, daß jeder Entscheid 
über Zwecke, auch der harmlosesten (wenn ich mich entscheide, 
eine Zigarre zu rauchen, um mich zu erfrischen), und daß jedes 
Werturteil, auch das unscheinbarste (wenn ich die Zigarre für ein 
Gut erkläre) mit zwingender Notwendigkeit bei dem Versuch 
einer Begründung in das Reich des Absoluten ausmündet. 
In dieser Hinsicht hat die scholastische Philosophie das „Richtige“ 
erkannt: „‚Principium totius ordinis in moralibus est finis ulti- 
mus...‘“74 ,firmiter nihil constat per rationem practicam nisi per 
7 S. Thom., Summa theol. Iae Ifa qu. 72.3 5 6. 
Sombart, Die drei Nationalökonomien
	        
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