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haltig. Auch der leiseste Versuch, das „Moralgesetz‘“ inhaltlich zu
bestimmen, ist zum Scheitern verdammt.
Alle Evidenz, diese Einsicht hat Kant selber mit unwiderleglichen
Gründen als richtig nachgewiesen, setzt apriorisches Wissen voraus.
Die Frage wird also, wenn wir die Evidenz einer Behauptung erweisen
wollen, die sein: ob der behauptete Satz a priori feststeht. Nun lautet
die wichtige Stelle, an der Kant die Gesellschaftslehre begründet,
wie folgt: „Nun sage ich: der Mensch und überhaupt jedes ver-
nünftige Wesen, existiert als Zweck an sich selbst, nicht bloß als
Mittel zum beliebigen Gebrauche für diesen oder jenen Willen, son-
dern muß in allen seinen, sowohl auf sich selbst als auch auf andere
vernünftige Wesen gerichteten Handlungen jederzeit zugleich als
Zweck betrachtet werden.‘ 79
Dieser Satz ist einwandfrei, wenn wir ihn rein formal fassen, das
heißt in die Bestimmung des „vernünftigen‘“ Wesens die Anforde-
rungen aufnehmen, die in ihm enthalten sind.
Er ist ebenso „unwiderlegbar“ (weil gar nicht im Bereiche der
Widerlegbarkeit befindlich) als sittliche Forderung. Er ist völlig hin-
fällig, wenn er eine inhaltlich bestimmte a-priori-Behauptung ent-
halten soll. Denn dann müßte die gemachte Feststellung „eindeutig“
sein, das heißt: sein Inhalt dürfte keine andere Möglichkeit zulassen.
Warum der Mensch „nicht bloß als Mittel zum beliebigen Ge-
brauche für diesen oder jenen Willen‘ dienen soll (darf? kann?),
ist nicht einzusehen. Der gläubige Christ wird sogleich anderer Mei-
nung sein, denn er betrachtet den Menschen als Werkzeug des gött-
lichen Willens. Und Aristoteles, der doch schließlich auch jemand
war, war ebenfalls anderer Meinung, wenn er die Sklaverei „a priori““
begründete (natürlich ebenso falsch). Noch in neuer Zeit sind er-
leuchtete Geister für die Wiedereinführung der Sklaverei eingetreten,
Ich erinnere an Linguet, an Granier de Cassagnac. Das mag
„empörend‘“ sein, aber „falsch‘“ ist es gewiß nicht.
Ebensowenig a priori, das heißt evident, ist das jenem Grundsatz
entsprechende „oberste Gesetz‘, das Kant für das menschliche Ver-
halten in der Gesellschaft aufstellt: „daß ich auch wollen könne,
AT
79 Kant, Metaphysik der Sitten. 2. Abschnitt.