Zweiter Abschnitt
Die ordnende Nationalökonomie
Siebentes Kapitel
Die Entstehung der modernen Wissenschaft
Die ordnende Nationalökonomie ist die erste Erscheinungsform
der wissenschaftlichen Nationalökonomie im Gegensatz zur richten-
den Nationalökonomie, die, wie wir festgestellt haben, Metaphysik
ist. Es gilt nun zunächst, uns von dem Wesen der Wissenschaft ein
ebenso klares Bild zu machen, wie wir es (hoffentlich!) von der Meta-
physik gewonnen haben. Da moderne Wissenschaft, die wir immer
als Wissenschaft schlechthin bezeichnen wollen, eine ganz besondere,
einzigartige, geschichtliche Erscheinung ist, die nirgends da ist außer
in Westeuropa und auch hier erst seit dem Beginn der neuen Zeit,
so werden wir, dünkt mich, uns das Wesen dieser eigentümlichen
Geisteshaltung am besten klarmachen, wenn wir sie als das Erzeug-
nis einer ganz bestimmten Kulturentwicklung zu verstehen suchen,
Ich gebe also einen gedrängten Überblick über die Wandlungen der
europäischen Gesellschaft und des europäischen Geistes, in deren
Verfolg die’moderne Wissenschaft erschienen ist. Daß dieser für den
Kundigen nichts Neues enthält, bedarf im Grunde keiner besonderen
Hervorkehrung.
1. Die Zersetzung der europäischen Kultur
Die allgemeinste und entscheidende Tatsache im Kulturleben des
heutigen Europas ist die Verweltlichung des Lebensstils, die
bereits im Mittelalter einsetzt. Ich meine damit’ jene Verschiebung
des Blickfeldes von den ewigen Werten zu den Dingen dieser Welt,
die Säkularisation des Willens und der Werte.
Die ersten Anzeichen dieser Verweltlichung deuten sich an in der
erstmaligen Erschütterung des Vertrauens in die von Gott gesetzten
Ordnungen: Regnum und Sacerdotium. Sie machen sich bereits im