Full text: Deutscher Industrie- und Handelstag

dieser Zeit begründet, so wäre das Beweis genug, wie auch um der 
Volks- und Staatskraft willen jetzt in besonderem Maße Sinnen 
und Trachten der Hebung der deutschen Wirtschaftskraft, der Be— 
hebung lebenslähmender Umstände und der Wiederschaffung ge— 
nügender Arbeits- und zugleich Aufstiegsmöglichkeiten zuzuwenden 
ist, nicht als ob es nicht auch seelischer Erneuerung bedürfte, aber 
um diese zu begleiten und ihr gewisse Voraussetzungen zu schaffen. 
Uber diesen Grundströmungen unseres Volks- und Wirtschafts- 
lebens, die gleichzeitig starke politische Strömungen und Strebungen 
bedingen, und innerhalb ihrer heben und senken sich, deutlicher als 
jene sichtbar, die Wellenberge und -täler des 
Konjunkturverlaufs. 
Erschreckend tritt uns vor allem die Entwicklung des Ar— 
beitsmarktes und der Arbeitslosigkeit entgegen. Betrug die 
Zahl der Hauptunterstützten im Durchschnitt des Jahres 1929 
1275 000 Menschen, so stieg sie Ende Februar 1930 mit 2378 000 
noch über die Höchstzahl von 1929. Rechnet man dazu 278000 
Krisenunterstützte und die von der Wohlfahrtspflege oder überhaupt 
nicht unterstützten Arbeitslosen, so ergibt sich eine Gesamtzahl von 
rund 3144 Millionen, und bezieht man die Zahl der Angehörigen 
ein, so kommt man auf nicht sehr viel weniger als 10 v. H. der Be— 
völkerung, die vom Schicksal der Arbeitslosigkeit berührt oder irgendwie 
mit den durch sie bedingten öffentlichen Maßnahmen verknüpft sind. 
Unter den Arbeitslosen ist, auch nach den arbeitssittlichen 
Fortschritten der Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz 
vom 12. Oktober 1929 gewiß noch eine erhebliche Zahl solcher, die 
der Unterstützung im strengen Sinne nicht bedürfen. Der ungeheure 
Ernst der Zahl aber bleibt bestehen, ohne daß er durch die 
Gründe, die bei dieser Zahl mitwirkten, gemildert würde; denn 
auch diese Gründe: Wegfall des stehenden Heeres, der veränderte 
Altersaufbau, das längere Verbleiben vermögenslos Gewordener 
auf dem Arbeitsmarkt, der wachsende Anteil von Frauen und 
Mädchen im Erwerbsleben bleiben ja noch längere Zeit bestehen. 
Nun sind freilich in den Jahren 1925 bis Anfang 1930 rund 
2 Millionen Menschen neu auf dem Arbeitsmarkt zugegangen. Von 
ihnen wurden sohin A Million Menschen in den Arbeitsgang auf— 
genommen, 12 Million nicht. Noch bringen die Jahre 1930 und 
1931 neuen Zugang, dann kommt das Überwiegen des Abganges 
in den Jahren 1932 bis 1934 infolge der schwachen Geburtenfahr—
	        
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