uns das Grab der Königin Memtuan und die Burg Uskuam,
ferner eine riesige Sykomore, die früher als Galgen be—
nutzt wurde. „Während meiner Kindheit habe ich einmal
fünfzig Menschen zugleich an dem Baum hängen sehen“,
sagte er.
Wenn mein Führer und Dolmetscher in Verdacht geraten
könnte, die Zahl der Gehängten übertrieben zu haben, so
muß ich doch zugestehen, daß das mit der Zahl der Kirchen
nicht geschehen ist. „Vierundvierzig Kirchen gibt es in
meiner Stadt“, erklärte er einmal über das andere. Wenn
wir den Besuch irgendeines dieser vielen Gotteshäuser unter⸗
lassen haben, so ist es nicht seine Schuld. Größe und Bau⸗
weise waren sehr verschieden, von den eindrucksvollen Ge⸗
wölben der Erlöserkirche, die in festem Mauerwerk aus—
geführt war wie die Burgen, bis zu den kleinen runden,
strohgedeckten Gebäuden, die für das uneingeweihte Auge
des Ferengi in nichts außer in ihrer Lage voneinander ab⸗
wichen, für das Kind, den Enkel und den Urenkel abessini⸗
scher Priester aber so voll von bedeutsamen Unterschieden
waren, wie für mich die Peterskirche und St. Pauls Church.
Stolz führte Efendi mich zu der St.Michaels-Kirche, die
nach seiner Erklärung vom König David, dem Sohn Fasils,
erbaut worden ist. „Einer meiner Vorfahren war Ober⸗
priester unter König David“, bemerkte er dazu. „Als ich in
Khartum war, sandte ich kostbare Teppiche und Goldsticke⸗
reien für diese Kirche. Die Priester beteten für mich, und
ich werde meinen Lohn im Himmel davontragen. Einer der
jetzigen Priester ist mein Schwager.“ Er holte seinen Ver⸗
wandten herbei, der in seiner weißen Gewandung stattlich
und imponierend aussah. In mir entstand der lebhafte
Wunsch, mir im Himmel einen ebenso großen Lohn zu er—⸗
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