hatte. Ich erfuhr zum Beispiel, daß „Taffari“ „Der Ge—
fürchtete“ bedeutet. „Alem Segghet“ heißt „Die Welt ver⸗
neigt sich“, „Workenisch“ und „Telfign-Nese“, häufig vor—
kommende weibliche Namen, bedeuten „Du bist mein Goldi⸗
ges“ und „Würdig, der Sproß eines Königs zu sein“.
Der Gatte der erwähnten Dame, Dr. Workenah Martin,
ist eine der interessantesten Persönlichkeiten am äthiopischen
Hofe. Er hält sich selbst für einen Abessinier, doch fehlt ihm
der bündige Beweis dafür; er wurde nämlich als kleines
Kind in der Nähe der Festung Magdala, nachdem diese von
Lord Napier genommen wurde, aufgefunden. Ein britischer
Offizier, dessen Mitleid das dunkelfarbige Kind erregte,
nahm es mit nach England, wo es aufwuchs und erzogen
wurde. Als der Knabe herangewachsen war und es Zeit
wurde, einen Beruf zu ergreifen, wählte er das Medizin⸗
studium und war später in Indien und Birma als Arzt
tätig; immer aber hatte er Sehnsucht nach dem Lande, das er
für seine Heimat hielt, und jetzt ist er trotz seines englischen
Namens, seiner Erziehung und seiner Kindheitserinne—
rungen durch und durch Abessinier, ebenso wie seine Frau,
und steht Ras Taffari sehr nahe. Er liefert ein denkbar
gutes Beispiel von der Anziehungskraft, die Athiopien auf
seine Bewohner ausübt.
In ethnologischer Hinsicht ist der Abessinier ein ungelöstes
Problem. „Semitisierter Hamit“ ist die übliche Bezeichnung
für ihn, doch gibt es über die Art der Semitisierung ver—⸗
schiedene Hypothesen. Einige Kenner glauben, daß mehr—
fache Einwanderungen von Südarabien über das Rote Meer
herüber stattgefunden haben. Andere sind der Ansicht, daß
Juden während der ägyptischen Gefangenschaft nach
Abessinien gekommen sind, und wieder andere vertreten die
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