mehreren Jahren hatte er Europäer begleitet, die auf Tier—⸗
fang für zoologische Gärten begriffen waren. Auf dieser
Expedition hatte er seinen Mut durch eine Tat bewiesen,
die noch heute selbst unter seinen Feinden rühmend erzählt
wird. Im Turkana-Gebiet, wo sie nach Löwen Ausschau
hielten, rannte Roba hinter einer Löwenfamilie her, die
aus einem männlichen, einem weiblichen Tier und einem
Jungen bestand, und es gelang ihm, das Junge beim
Schwanz zu erfassen und es von seiner Mutter zu trennen.
Neitzel erzählte mir diese Geschichte, als ich die Bemerkung
fallen ließ, daß Roba mit seiner bronzefarbenen Haut, seinem
haarlosen Kopf, den vollen Lippen und mandelförmigen
hellbraunen Augen einen ziemlich weibischen Eindruck
mache.
Bei einem anderen Jagdausflug kamen wir an das Grab
eines Arussi-Galla, einen Hügel, an dessen Seiten sich Linien
bon spitzen Steinen in Form eines Drachens hinzogen. Ein
großer Stein, der die Stelle des Drachenkopfes einnahm, be—
deutete den Krieger, der an dieser Stelle in der Schlacht ge⸗
fallen war; mit den kleineren waren die Feinde gemeint, die
er getötet hatte.
Mangist Un war mir nur für die Zeit meines Besuches
auf der Baumwollplantage zur Verfügung gestellt worden.
Als der Zeitpunkt meiner Abreise nach Dschibuti herankam,
zahlte ich ihm seinen Lohn und versuchte ihn auf den Heim—
weg zu bringen. Aber „Sei mein Königreich“ hatte andere
Pläne. Mit Hilfe verschiedener Dolmetscher, von dem einer
noch beredter war als der andere, bestürmte er mich, ihn
doch mitzunehmen „an das große Meer, zu dem Wasser, den
Wellen und der großen Stadt, die dort liegt“. Es ist der
Traum eines jeden Abessiniers — vielleicht jedes Inland-
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