Korridor zwischen Okzident und Orient. Auf dieser gemäch⸗
lichen Reise hatte ich Zeit, die Romantik des Fahrtweges
zu empfinden, den die alten, mit Spezereien und Weihrauch
beladenen Frachtschiffe der Pharaonen, der Phönizier, der
Griechen und Römer zurücklegten. Insbesondere erinnerte
ich mich, der ich von Abessinien kam und wieder nach
Abessinien wollte, an die Königin von Saba, die dieses Ge—
wässer gekreuzt hatte. Auch ein modernes romantisches Er⸗
eignis fiel mir ein: England, dem es gelang, den Union
Jack auf der Insel Peri zu hissen, wobei es seinen Mit⸗
bewerber Frankreich um eine Nasenlänge schlug. So gut
und so lange hatten es — wenn man glauben darf, was
erzühlt wird — die Engländer verstanden, die neben ihnen
in Aden ankernden Franzosen zu unterhalten.
Auch unsere Schiffsladung, obwohl sie nicht aus kostbaren
Gewürzen und Weihrauch bestand, war aromatisch. Wir
lagen vierundzwanzig Stunden vor Anker auf der Höhe des
arabischen Hafens Hodeida, um Kaffee einzunehmen. Die
Kabinenpassagiere der „Somalia“ waren Vertreter beider
Küsten, zwischen denen wir hin und her fuhren; ein nach
Erythräa fahrender neuernannter abessinischer Konsul, zwei
Polizeioffiziere aus Italienisch-Somaliland, ein italienischer
Arzt, der in einer der Kolonien stationiert war, ein arabischer
Kaffeehändler aus dem Jemen. Auch die Deckpassagiere
setzten sich aus Bewohnern beider Küsten zusammen. Eine
buntscheckige Gesellschaft, deren Kleider alle Grade vom
makellosen Weiß bis zum äußersten Schmut durchliefen. Die
Mohammedaner unter ihnen verbeugten sich andauernd in
der Richtung des nicht weit entfernt liegenden Mekka. Auf
dem Schiff ging ein Gerücht um, daß wir eine Gruppe von
Sklavenhändlern, die nach Abessinien wollten, an Bord
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