Völlig unbegreiflich aber ist uns, daß der Vertrag die Kopf-Ein
nahme von 6, 0762 Sgr. nur nach der wirklicher: Einwohnerzahl des
Zollvereins zu berechne,: vorschreibt, obgleich Hannover und Oldenburg
wie bei den Zöllen, so auch bei der Rübensteuer ein Präcipuum von
75 Proc. erhalten und folglich die 2 Mill. Einwohner dieser Staaten
gleich 3'/2 Mill, zu berechnen sind. Gesetzt es wäre in den: letzten
Abrechnungsjahr für die c. 33 Mill. Einwohner nur die Soll-Einnahme
k 6, 0762 Sgr. mit c. 6 3 / 4 Mill. Thlr. als wirkliche Einnahme heraus
gekommen (oder nicht viel mehr), so hätte die Rübensteuer nicht erhöht
werde:: können, obwohl für die 31 Mill. Einw. des alten Zollvereins
die 6,o 7 ^ 2 Sgr. per Kopf gar nicht erreicht wären, weil hiervon das
Präcipuum für die 2 Mill. Einwohner Hannovers und Oldenburgs
auszukehren ist. Dies gilt auch in Betreff des Frankfurter Präcipuum.
Es wird demnach von einem ganz unparteiischen, jede feindliche
Tendenz gegen die Rübenzuckerindustrie ausschließenden Standpunkte der
Wunsch wohl hinlänglich gerechtfertigt erscheinen, daß dieser Vertrag
baldmöglichst annullirt und durch rationellere Bestimmungen ersetzt werde.
Der Rübenzuckerindustrie gegenüber sind keine bindende Verpflich
tungen eingegangen worden; sehr ungewiß aber ist es, ob die zu einer
Abänderung vor 1864 erforderliche Stimmen - Einheit der Contrahenten
zu erreichen scin wird.
Hat die Rübenzuckerindustrie die Opfer verdient, welche sie gekostet
hat und noch kostet? Hierüber ist in Zeitungen, Zeitschriften und gan
zen Werken bekanntlich viel gestritten worden, ohne daß eine endgültige
Entscheidung erreicht ist. Die Frage wird gewöhnlich schon a priori
und ohne detaillirte Untersuchung nach de::: allgemeinen Standpunkte des
Freihandelssystcms oder des Schutzzollsystems verneinend oder bejahend
beantwortet.
Unserer Ansicht nach ist es zwar zweifelhaft, ob den von der Ge
sammtheit gebrachten Opfern der für die Gesammtheit erreichte Nutzen
schon 1852 oder noch früher die damals von Preußen proponirte Erhöhung ans
4% Sgr. und vielleicht noch mehr hätte tragen können? Nach den Behauptungen
der Rübenzucker-Industriellen hat hauptsächlich uur die Gunst der Absatzverhältnisse
in den letzten Jahren den Satz von 6 Sgr. erträglich gemacht. Da aber von der
selben Seite zugleich behauptet wird, daß jetzt schou ein Export von rohem und
rafsinirtem Rübenzucker möglich sei, wenn eine Bonification der Steuer beim Exporte ge
währt werde, wie der Colouialzucker ihn in biefem Falle in Betreff des erlegten Ein
gangszolles genießt, so scheint in dieser Concurrenzfähigkeit auf fremdem Markte auch
die Concurrenzfähigkeit mit dem Colonialzucker auf inländischem Markte bei gleicher
Besteuerung zu liegen.