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schon fallen; — darum sei obige Geschäftsmaxime eine wahrhaft
goldene Regel und eine Hauptursache der über alles Erwarten glänzen
den Geschäftsabschlüsse der letzten Jahre gewesen." Diese Orakelsprüche
regten mich mächtig an, dem Studium der National-Oeconomie eine
eingehendere Beachtung zu schenken, als dies bis dahin geschehen war.
Zu meiner großen Bestürzung mußte ich dabei bald entdecken,
daß die Werke eines Laplace, Newton und Leibnitz für mich eine
Romanlectüre genannt werden konnten im Vergleich zu den philoso
phischen Tiefsinnigkeiten Adam Smith's, Cobden's, Ricardo's, Malthus
und anderer berühmter englischer Volkswirthe. Offen gestanden,
ich konnte die universelle Gültigkeit vieler dieser Hypothesen nicht
begreifen. Dieselben stützen sich wohl auf reale Verhältniffe und
verflüchtigen sich nicht so bis zunl letzten Atom in den Aether
volkswirthschaftlicher Ideale, wie dies zu meinem Entsetzen mit den
Vorlesungen über National-Oeconomie an der Berliner Universität
1858/59 der Fall gewesen war, und wie dies in den Eingaben des
Bamberger'schen Vereins für Handelspolitik anno 1878/79 noch der
Fall ist, allein sie können keineswegs auf eine allgemeine wissen
schaftliche Gültigkeit Anspruch erheben. Sie passen wohl für die
englischen Industrie- und Handels-Verhältnisse, nicht aber für jede
Nation, klein oder groß, civilisirt oder uncivilisirt, reich oder arm.
So viele Wahrheiten die Werke auch enthalten, so erschien mir der
herrliche Name „Lehre von dem Reichthum der Volker" doch als
eine Mystification; der richtigere Titel wäre gewesen: „Lehren über
die Bereicherung der Engländer im Auslande."
Von da ab beobachtete ich den Gang der Industrie ttitb des
Exportes Englands mit kritischen Augen und sah tagtäglich mit
Schmerz, wie mein Vaterland durch Delbrück und Genossen den
englischen Lehren überliefert und zum ergiebigsten Markt für englische
Fabrikate umgewandelt wurde; — und so reifte schon damals der
Entschluß in mir, nach meiner Rückkehr in die Heimath Alles aufzu
bieten, die Gefährlichkeit der extremen Freihandelslehren für Deutsch
lands Wohlfahrt offen und ehrlich darzulegen, sobald eine Gelegen
heit sich dazu bieten sollte.
Ich sollte aber bald erfahren, daß solche Gelegenheit geradezu
unmöglich und daß man namentlich in Preußen von der Wahrheit
der Freihandels-Dogmen so überzeugt war, daß Jeder, welcher da-