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liberalen Parteien auf volkswirthschaftlichem Gebiete in den letzten Jahr
zehenden entfaltet haben, vor diesem Forum längst gerichtet. Die unselige
Zerklüftung, an der unser öffentliches Leben leidet, ist zum größeren Theile
auf Rechnung dieser Parteien zu schreiben, die bis zum heutigen Tage
nicht im Stande gewesen sind, die Wirth schaftlichen Bedürfnisse
des deutschen Volkes richtig zu erkennen und die geeigneten
Wege zur Befriedigung derselben einzuschlagen. Hinc illae
lacrimaci
Ais tie Reform unseres Zolltarifs und unserer Handelspolitik nicht
mehr aufzuschieben war, hat der Herr Reichskanzler eine Verständigung
mit der nationalliberalen Partei gesucht. Hätte man damals in die darge
botene Hand eingeschlagen, so wäre Alles anders gekommen, und wenn in
der allerletzten Zeit einzelne Kreise sich wieder nach links zu verschieben
anfangen, so ist dies den verwerflichen Hetzereien zuzuschreiben, welche von
einigen Fanatikern der äußersten Rechten ausgegangen sind und den öffent
licheil Frieden und das harmonische Zusammenleben der einzelnen Volks
schichten in unverantwortlicher Weise getrübt haben. Das deutsche Volk
wird sich die fundamentalsten staatsrechtlichen Grundsätze, welche durch den
Kampf und die Arbeit von Jahrhunderten gezeitigt finb, nicht rauben lassen,
gleichviel ob die Angriffe von rechts oder von links kommen, und es war
nicht bloß ein Verbrechen, sondern einer der gröbsten taktischen Fehler, daß
man der Fortschrittspartei die dankbare Rolle aufnöthigte, der Verfechler
und Vertheidiger des Grundsatzes der Toleranz und der religiösen Duldung
zu werden. Weiln die Fortschrittspartei in neuerer Zeit hier und da an
Anhängern gewonnen, und wenn sie in die Lage gekommen ist, ihre Agita-
tioilskassen zu füllen, so hat sie sich dafür einzig und allein bei Hetzpredigern
und Hetzaposteln zu bedanken. Es ist die höchste Zeit, daß diesen unsinnigen
Friedensstörungen ein Ziel gesetzt werde, damit wenigstens vor: einer Seite
her eine weitere Verschiebung der Verhältniffe unmöglich wird. Die
Industrie wird diesen politischen Veitstanz nicht mitmachen, sie will Ruhe
und Frieden haben, um ungestört ihre segensreichen Arbeiten vollbringen
zu können.
II.
wo steckt der Pferdefuß!
Bei der ersten Lesung der neuen Unfallsvorlage hat der Abgeordnete
Dr. Bamberger bemerkt, „es wäre ihm vom größten Interesse gewesen,
von dem Abgeordneten von Vollmar zu hören, daß er einen prak
tischeren Standpunkt einnehme als die verbündeten Regierungen, denn
dieser gebe zu, daß man eine sozialistische Organisation der Arbeits
bedingungen nicht durchführen könne, wenn man nicht vorher eine inter-