Full text: Der Abschluß eines neuen Handelsvertrags zwischen Frankreich und dem Zollverein beleuchtet vom Standpunkte des Droguenhandels

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Schritte, welchen ber Zollverein für die weitere Durchführung der Handels 
freiheit nicht nur damals, sondern auch im Verlaufe der späteren Jahre wieder 
holt betreten hat. Die Befreiung einer nicht geringen Anzahl von Artikeln von 
jedem Zolle, die Ermäßigung vieler anderer noch bestehender Tarifpositionen, 
also die ausgesprochene Tendenz der Vereinfachung des Tarifs und die all- 
inälige Umwandlung der Schutzzolltheorie in das System der Finanzzölle: sie 
sind es, denen in erster Linie der wachsende Verkehr zuzuschreiben ist. Da 
letzterer der Zeit nach mit dem Jnslebentreten des deutsch-französischen Handels 
vertrags zusammenfällt, so verwechselt man nicht selten Ursache und Wirkung 
und schreibt jene Resultate antheilig auch den französischen Zollsätzen zu. Bei 
eingehenderer Erwägung hat man sich dagegen bald zu überzeugen, daß die Ein- 
wirkungen des Handelsvertrags fast vollständig der Parität entbehren. Die 
deutschen Consnmenten erfreuen sich allerdings — Dank den ermäßigten Tarif 
positionen des Zollvereins — des billigen Bezugs französischer Artikel und 
haben durch stärkere Consnmtion den Verbrauch französischer Fabrikate gesteigert. 
Handelt es sich dagegen um die Ausfuhr deutscher Artikel nach Frankreich, so 
erstreckt sich in Folge des französischen Tarifs der erreichbare Absatz in der 
Hauptsache nur ans die Rohstoffe und Halbfabrikate des deutschen Acker- nnb 
Bergbaues, sowie auf vereinzelte Producte, in denen die deutsche Industrie jeder 
anderen ausländischen Conenrrenz siegreich die Spitze bieten kann. In fast allen 
anderen Handelsartikeln scheitert dagegen der Waarenumsatz mit Frankreich bald 
an den hohen Tarifpositionen an und für sich, bald an dem Straßenzwange, der 
für die ad valorem zu verzollenden Waaren vorgeschrieben ist, bald an den durch 
den Tarif général für die Einfuhr über die Landgrenzen bestimmten sehr hohen 
und gleich Prohibitionen wirkenden Differentialzottsätzen, bald an den weiteren 
Unterschiedszöllen zwischen dem Tarif général und dem Tarif conventionnel 
mit der umständlichen Beschaffung der Ursprungszeugnisse, bald an dem auf 
die Spitze getriebenen Droit de préemption der französischen Donane, nicht 
minder an den schwierigen und oft nicht durchführbaren Vorschriften des fran 
zösischen Zollwesens, endlich an der Unklarheit und Unbestimmtheit des sranzösi- 
schen Tarifs, der trotz übertriebener Speeialisirnng der einzelnen Waaren doch 
sehr viele und große Lücken enthält und der willkührlichen Auffassung der Zoll 
beamten viel zu weiten Spielraum läßt. 
Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß die deutsche Industrie und 
der deutsche Handel im großen Ganzen den gleichen Erwerbsbranchen Frank 
reichs ebenbürtig dastehen. Mag Frankreich auch in der Großartigkeit seiner 
Capitalanlagen, in der exakteren Durchführung der Arbeitstheilung, wie ferner 
in der zur See erleichterten Beschaffung vieler Rohstoffe einen Vorsprung vor 
dem Zollvereine aufzuweisen haben, so wird derselbe durch unsere im großen 
Durchschnitt niedrigeren Arbeitslöhne, durch misere billigeren Motoren (Wasser- 
und Dampfkraft) so ziemlich ausgewogen, während in Bezug auf Intelligenz, 
Geschäftsnmsicht, Rührigkeit und Streben nach fortschrittlichen Verbesserungen 
die Chancen für den Geschäftsverkehr beider Nationen zuversichtlich gleich hoch
	        
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