Full text: Die Meistbegünstigung und unser handelspolitisches Verhältnis zur Nordamerikanischen Union

v. Schwerin-Lowitz, Unset Verhaltnis zur Nordamerikamschen Union. 5 
dem Konigreich Preuhen und der nordamerikanischen Union vom Jahre 
1828 zunachst nicht naher eingehen. Es genugt mir hier sestzustellen: 
1. dah die amerikanische Union vom Ende des 18. Jahrhunderts 
bis heute — abgesehen von ganz geringsugigen Ausnahmen — 
unverruckt an dem Prinzip der bedingten Meistbegunstigung 
oder Reziprozitat festgehalten und jede Zumutung des Ab- 
schlusses unbedingter Meistbegunstigungsvertrage hartnackig ab- 
gelehnt hat; 
2. dah gerade seit der Zeit kurz vor Abschluh dieses unseres Ver- 
trages mit der Union, d. h. etwa vom Jahre 1825 an, von 
Amerika ausgehend, eine neue Form der Meistbegunstigungs- 
klausel, die „bedingte" Meistbegunstigung in fast alien 
Handelsvertragen der ganzen Welt ublich wurde und dah 
damit auch in den europaischen Staaten der Begrifs dessen, 
was man kurzweg als „Meistbegunstigung" bezeichnete, eine 
wesentliche Anderung erfuhr. 
Erst etwa vom Jahre 1860 an trat dann — von England und 
Belgien ausgehend und geleitet von dem Wunsche nach einem moglichst 
weitgehenden Freihandel — in den europaischen Staaten wieder fast 
allgemein eine Ruckkehr zur unbedingten Meistbegunstigung bei 
dem Abschluh neuer Handelsvertrage ein; so in 12 Vertragen Belgiens 
mit Frankreich, Grohbritannien, Lubeck, Schweiz, Jtalien, Niederlande, 
Hamburg, Danemark, Schweden, dem deutschen Zollverein, Osterreich 
und Spanien, in 7 Vertragen Jtaliens mit Schweden 1862, Frankreich 
und Grohbritannien 1863, dem Zollverein 1865, Osterreich-Ungarn 1867, 
Schweiz 1868, Spanien 1870. 
In allen diesen Vertragen wurde die Meistbegunstigung fast wort- 
lich gleichlautend und wenigstens dem Sinne nach vollig uber- 
einstimmend so sormuliert, wie in Artikel V des Vertrages Belgiens 
mit dem deutschen Zollverein vom 22. Mai 1885, welcher wie solgt lautet: 
„jede Begunstigung, jedes Vorrecht und jede Ermahigung in dem 
Tarif der Eingangs- oder Ausgangsabgaben, welche einer der 
hohen vertragschliehenden Teile einer dritten Macht zugestehen 
mochte, wird gleichzeitig und ohne Bedingung dem anderen 
zu teil werden." 
Man beachte bei dieser Formulierung der Meistbegunstigungsklausel in 
allen Vertragen dieser spLteren Periods den fchroffen Gegensatz zu der 
Formulierung, wie sie sich in fast allen VertrLgen der frit her en Periods 
von 1825—1860 und zu allen Zeiten in den feitens der amerika-
	        
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