Full text: Die preußischen Finanzen und die Reform der Einkommensteuer

4 
sich höher, die Folgen beim Mißlingen lasten schwerer. 
Alles das zugegeben, muß ich doch bei dem Satze stehen 
bleiben: Ehe man über Reichsfüianzen mitredet, muß man 
erst die seines eigenen Staats etwas genauer kennen, und 
weiter: Die Verbindung beider, der Einfluß, den die Ge 
staltung des Einen auf die Entwicklung des Anderen aus 
übt, wirkt bei den eigentümlichen staats- und verfassungs 
rechtlichen Formen Deutschlands so mächtig, so zwingend, 
wie etwa Sästeumlauf und Blutzusammensetzung bei den 
siamesischen Zwillingen. 
Das ist kein schönes Bild, aber hoffentlich selbst für 
den Llaien verständlich und überzeugend. Durchaus irrtüm 
lich, wenn man annehmen wollte, daß nur die Matrikular- 
Umlagen und deren Ausgestaltung das verbindende Glied 
bilden; daß gerade sie die empfindlichste Reaktion hervor 
rufen. Für den Aufbau und die Balanzierung des Einzel- 
Etats nicht einmal, obgleich hier die bisherige Unsicher 
heit: „wie viel wird diesmal das Reich von dir fordern 
und wie viel dir für die Befriedigung der eigenen Staats- 
Bedürfnisse übrig lassen?" schwer genug wiegt.*) Aber 
*) Das Verhältnis von „Überweisungen" und „Matrikular-Bei- 
trägen" ist bekanntlich ein sehr schwankendes und zu verschiedenen 
Zeiten sehr verschieden gewesen. Gbschon z. B. in den Etatsjahren 
1895/98 die durch die orninöse „Frankenstein'sche Klausel" festgesetzte 
Summe von 130 Millionen, welche der Reichskasse von dein Ertrag 
der Zölle und Tabaksteuer verbleiben sollte, jährlich behufs Abstoßung 
der Reichsschulden nicht unbeträchtlich erhöht wurde — inr Gan 
zen in diesen 5 Zähren unr 142 Millionen —, wodurch sich ent 
sprechend die Beträge der Überweisungen verminderten, haben diese 
doch allein für den preußischen Anteil die Matrikularbeiträge während 
der angegebenen Zeit stets um 7—8 Millionen überschritten, (vgl. 
den Bericht Miquels über die Finanz-Verwaltung 1897/99 S. 8 und 
71 flgd.) Somit hat damals das Verhältnis zum Reich in dieser 
Beziehung (Matrikularbeiträge) den Preußischen Etat ziffernmäßig eher 
gehoben als geschädigt. Aber das Element der Unsicherheit und damit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.