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den Kopfzerbrechen, sondern konnte sich seelenruhig der „Segnun
gen" des ungehemmten Güteraustausches erfreuen, sich im
schlimmsten Falle sogar gegen Bedrohungen der eigenen Wirt
schaft durch Schutzzölle sicheru.
Die Vorstellung von dem gesamten, in der ganzen mensch
lichen Gesellschaft sich ununterbrochen entwickelnden Wirtschafts
leben führte zu der Etablierung der Sozialökonoinik als neuer
Wissenschaft. Denn dafür war der Begriff der Nationalökonomie
zu eng geworden. Dabei übersah inan aber bisweilen, daß die
wirtschaftenden Einheiten der Weltwirtschaft in Wirklichkeit die
einzelnen Volkswirtschaften waren und nicht die einzelnen Privat
wirtschaften, die man unmittelbar zu Weltwirtschaftssubjekten
stempeln wollte, wie es z. B. Harms^ tut, wenn er definiert:
„Unter Weltwirtschaft verstehen wir den Inbegriff der durch hoch-
eutwickeltes Verkehrswesen ermöglichten und durch staatliche inter
nationale Verträge sowohl geregelten wie geförderten Beziehun
gen und deren Wechselwirkungen zwischen den Einzelwirtschaften
der Erde. Diese Begriffsbildung schließt sich unmittelbar an die
jenige der Volkswirtschaft au, die wir charakterisieren als den In
begriff der durch Verkehrsfreiheit und die technischen Verkehrs-
Verhältnisse ermöglichten, sowie durch einheitliche Rechtssatzungen
und durch wirtschaftspolitische Maßnahmen geförderten Beziehunn-
gen und deren Wechselwirkungen zwischen den Einzelwirtschaften
eines staatlich verbundenen Volkes."
Diese Definition ist auf die später behauptete Analogie zu
geschnitten. Aber zu dieser Analogie fehlt so manches. Ohne ihm
in allem zuzustimmen, besonders nicht in der Vorstellung über
die Intensität der weltwirtschaftlichen Beziehungen der einzelnen
Volkswirtschaften und deren Wechselwirkungen, die mir auch im
Widerspruch mit seinen früher zitierten Ausführungen über die
weltwirtschaftliche Arbeitsteilung zu stehen scheinen, weist doch
Wieset ganz zutreffend auf Mängel der zu weit getriebenen Ana-
- Harms: Weltwirtschaft und äußere Wirtschaftspolitik, im Handbuch
der Politik, Bd. II, Berlin 1914.
s Wieser: Theorie der gesellschaftlichen Wirtschaft, im Grundriß der
Sozialökonomik, I. Abt., Tübingen 1914: „Die Volkswirtschaft steht zu der
Weltwirtschaft durchaus nicht im selben Verhältnisse, wie die volkswirtschaft
lichen Zonen zur Volkswirtschaft. Jede Volkswirtschaft ist in sich eine Ein-