Kohlen Versorgung und Flottenstützpunkte.
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wie mit der Erwerbung ihrer Kolonien Flottenstützpunkte
und Kohlenstationen als notwendig erachteten und ihre
Anlage im großen Umfange betrieben, lagen für Deutsch
land die Verhältnisse ganz anders und wesentlich un
günstiger.
■ Zu der Zeit, als unsere Regierung anfing, Kolonien zu
erwerben, steckte unsere Flotte noch in den Kinderschuhen;
ihre Entwicklung hat nach keiner Richtung hin Schritt ge
halten mit der Zunahme unserer überseeischen Be
sitzungen und unseres mächtig emporblühenden über
seeischen Handels. Es fehlten bei uns der weite Blick
und der gesunde Egoismus, die beide z. B. den Engländern
bei allen ihren politischen und Handelsunternehmungen in
so hervorragender Weise zur Seite stehen. Der richtige
Moment für die Erlangung außereuropäischer Stützpunkte
auf dem Wege zu unseren Kolonien sowie an anderen
großen Meeresstraßen wurde verpaßt. Als dann endlich,
leider viel zu spät, sich auch bei uns die Erkenntnis Bahn
brach, daß wir ohne eine starke Flotte in Deutschland
doch nicht auskommen würden, — eine Erkenntnis, deren
Ursprung wohl in der Initiative unseres Kaisers zu suchen
ist, der seit dem Antritt seiner Regierung unablässig be
müht ist, das Verständnis dafür in unserem Volke zu er
wecken —, als schließlich die letzten kriegerischen Ereig
nisse und besonders der große Krieg zwischen Rußland
und Japan die Notwendigkeit des Besitzes einer starken
Flotte unserem Volke zum Greifen nahe rückten, da regten
sich auch die anderen großen Mächte, deren Interessen
eng mit dem Meer verknüpft sind, besonders unsere Vet
tern jenseits des Kanals, mächtig. Sie waren uns im
Wettlauf der Seerüstung weit vorgekommen und ver
folgten jetzt mißtrauisch unsere zielbewußte Machtent
wicklung zur See. Jetzt war es zu spät, das Versäumte
in bezug auf Erlangung wichtiger Stützpunkte im Aus