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Meereskunde.
nur so lange besteht, wie dies Land Vorteile von einem
solchen Bündnis hat, und daß England wiederum ein
großes Interesse daran hat, Japan im fernen Osten nicht
zu mächtig werden zu lassen. Deshalb ist auch nicht zu
fürchten, daß Japan, welches nebenbei auf Jahrzehnte hin
durch in Korea und in der Mandschurei hinreichend enga
giert ist, eine große Begehrlichkeit nach unserer Kolonie
Kiautschou besitzt. Deutschland hingegen denkt nicht
daran, Japans Interessen irgendwie zu schädigen; wir
können im friedlichen Wettbewerb ruhig der Entwicklung
dieses aufblühenden Staates zuschauen.
Und nun wirklich angenommen, alles dies träfe nicht
zu! Deutschland würde in einen Krieg mit Japan ver
wickelt! Ob wir in diesem Falle unsere gesamten See
streitkräfte nach Ostasien schicken würden, bleibt immer
hin mehr wie fraglich. Ist England mit Japan im Bünd
nis, dann wäre unserer Flotte der Weg nach Ostasien auf
alle Fälle versperrt. Die Engländer würden unsere Schiffe
nicht einmal aus der Nordsee herauslassen, also würden
wir auch keine ausländischen Stützpunkte und Kohlen
stationen gebrauchen. Ist England aber neutral, dann
werden wir — wenn wir dies überhaupt beabsichtigen —
auch ohne den Besitz eigener Stützpunkte und Kohlen
stationen nach Ostasien kommen, vielleicht sogar mit
Englands Hilfe; denn die Engländer waren gegen gute
Bezahlung immer bereit, Geschäfte zu machen: nach
dieser Richtung hin sind sie nie engherzig gewesen.
Ich komme nach alledem zu dem Schluß, daß der
Besitz von außereuropäischen Stützpunkten für uns
keine absolute Notwendigkeit darstellt,
sondern daß solche nur „wünschenswert" sind.
Für wünschenswert halte ich für uns vor allem
„Kohlenstationen“ im Auslande, schon um den Preis
treibereien, besonders der englischen Kohlenhändler,