Untersuchung des Saftes der Zuckerrübe.
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bis 15 Minuten ruhig hingestellt. Statt 100 ccm Saft kann man auch 60 ccm und 5 ccm
Bleiessig nehmen. 1 )
Der geklärte Saft wird durch ein trocknes Faltenfilter filtriert und alsbald polarisiert;
um die durch Zusatz von Bleiessig bewirkte Verdünnung auszugleiohen, polarisiert man
im 220 mm-Rohr, oder wenn man in einem 200 mm-Bohr polarisiert, erhöht man die
Zahl um 1 / 10 .
In den Zuckerfabriken wird für gewöhnlich der Polarisationsapparat von Soleil-
Yentzke-Scheibler angewendet, bei welchem 1 Grad Drehung im 200 mm-Eohr 0,26048 g
Saccharose in 100 ccm der polarisierten Flüssigkeit entspricht.
Hat man daher für einen Zuckersaft im 200 mm-Eohr 52,8° Drehung gefunden, so
berechnet sich der Zuckergehalt in 100 Eaumteilen Saft wie folgt:
(52,8 -|- 5,28) x 0,26048 = 16,13 g Zucker in 100 ccm Saft.
Um hieraus den Zuckergehalt in Gewichtsprozenten des Saftes zu finden, muß man
diese Zahl noch durch das spezifische Gewicht des Saftes dividieren; ist das letztere zu
1,07397 (entsprechend
17,9° Brix) gefunden,
so sind:
15,13
1,07397
= 14,08 Gewichtsprozente
Zucker im Saft.
Für den Fabrikbetrieb hat man besondere Hilfstabellen berechnet, aus denen unter
gleichzeitiger Hinzuziehung der bezüglichen spezifischen Gewichte der Zuckergehalt ohne
weiteres in Gewichtsprozenten ersehen werden kann; die Schmitzschen Tabellen tragen
dabei auch der (allerdings geringen) Veränderlichkeit der spezifischen Drehung Rechnung.
Für die anderen Polarisationsapparate gelten die S. 599 angegebenen Drehungswerte.
Anmerkung. Da der durch Bleiessig entstehende Niederschlag einen nicht un
bedeutenden Eaum einnimmt, so wird die im Meßkölbchen bis zur Marke verdünnte Zuckerlösung
ein etwas geringeres Volumen als 100 bezw. 50 ccm besitzen; sie ist daher zu konzentriert
und fällt bei Zuckerrübensäften der abgelesene Zuckergehalt um etwa 0,15—0,17 °/ 0 , bei
Füllmassen, bei dem sog. 2. und 3. Produkt um 0,25 °/ 0 , bei Melassen um 0,63 °/ 0 zu
hoch aus. Um diese Zahlen muß daher das Ergebnis der Untersuchungen vermindert werden,
um ganz richtige Zahlen zu erhalten.
Statt Bleiessig wird auch nach Scheiblers Vorgänge wohl Tonerdehydrat 2 ) als
Klärmittel angewendet; dasselbe eignet sich aber mehr zur Beseitigung von Trübungen
als zum Entfernen von Farbstoffen.
Wird eine zuckerhaltige Flüssigkeit durch Bleiessig allein nicht hell und klar, so
wendet man auch wohl gleichzeitig Knochenkohle an; hierbei ist jedoch zu berück
sichtigen, daß letztere je nach ihrer Beschaffenheit eine verschiedene Menge Zucker absorbiert.
Man muß daher in jedem Falle das Absorptionsvermögen der Knochenkohle gegen reine
Saccharoselösungen feststellen und darnach eine Korrektion anbringen; 3—6 g getrocknete
Knochenkohle absorbieren z. B. aus Zuckerlösungen mit den Normalgewichten Zucker
(S. 598) zwischen 0,3—0,5 °/ 0 Zucker und sind daher die Ergebnisse um diese Zahlen zu
erhöhen.
o) Bestimmung der Nichtzuokerstoffe (Wasser) und des Eeinheits-
fiuotienteu. Unter „Eeinheitsquotientcn“ versteht man die Zahl, welche augibt. wie
viel Prozente Zucker in 100 Gewichtsteilen Trockensubstanz des Saftes enthalten sind.
Fin Rübensaft ist um so besser, je größer dieser Quotient ist, und umgekehrt.
Für gewöhnlich betrachtet man die Angabe der Brixschen Spindel oder die nach
dem spezifischen Gewicht abgelesenen Saccharometergrade als Angabe der Trockensubstanz
*) Sollten die Rübensäfte auf diese Weise nicht klar werden, so mißt man mit der
Pipette 100 oder 50 ccm ab und versetzt diese in einem Kölbchen mit der doppelten
Menge Bleiessig; die gefundenen Grade müssen dann um 1 / 5 statt um 1 / 10 erhöht werden.
■) Dasselbe wird durch Fällen von Aluminiumsulfat oder Alaun mit Ammoniak und
üswaschen des Niederschlages bis zum Verschwinden der alkalischen Reaktion gewonnen.