Full text: Die Untersuchung landwirtschaftlich und gewerblich wichtiger Stoffe

Obst- und Beerenweine. — Alkoholfreie Getränke. 
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Die Beurteilung derselben ist aber eine wesentlich andere. Nach dem Wein 
gesetz vom 24. Mai 1901 werden die Obst- und Beerenweine zu den „weinähnliohen 
Getränken“ gerechnet und linden darauf die wichtigen Bestimmungen in § 2 und 3 dieses 
Gesetzes keine Anwendung. Nur die aus Obst- und Beerenwein hergestellten Schaum 
weine müssen eine besondere Bezeichnung tragen und ist der Zusatz der in § 7 genannten 
Stoffe (yergl. S. 785) auch für Obst- und Beerenweine verboten; alle sonstigen ungehörigen 
Vorkommnisse müssen nach dem Nahrungsmittelgesetz vom 14. Mai 1879 beurteilt werden. 
Bezüglich des Gehaltes an Essigsäure und schwefliger Säure gilt dasselbe, 
was bei Traubenwein S. 787 u, 788 gesagt ist. 
Da der Wein nur bei einem gewissen Gehalt an Alkohol und Säure haltbar ist, so 
muß bei den Obst- und Beerenweinen, die für den Versand bestimmt sind, weil der Most 
vielfach zu arm an Zucker und Säure ist, ein Zusatz hieran gemacht werden. Will man 
den Alkohol als solchen zusetzen, so darf auch hier nur der reinste Weinsprit ver 
wendet werden; besser ist aber schon der Zusatz von reinem Zucker zu Most, weil das 
bei der Gärung sich bildende Glyzerin ebenfalls die Haltbarkeit erhöht. Der Zusatz von 
Säuren, als welche man Weinsäure und Zitronensäure anwendet, läßt sich besonders bei 
Birnen weinen vielfach nicht umgehen, weil die Birnen mitunter nur 0,1—0,2 °/ 0 Säure 
enthalten. Auch pflegt der Säure-Rückgang (Übergang der Äpfelsäure in Milchsäure) 
bei Äpfel- und Birnenweinen besonders stark zu sein. Die Herstellung von Trester 
wein, also Zusatz von Wasser und Zucker zu den Obsttrestern und abermaliges Keltern, 
ist bei diesen Weinen erlaubt. Auch gegen das Einpressen reiner Kohlensäure bei durch 
Schönen oder Filtrieren schal gewordenen Obstweinen läßt sich nichts erinnern. 
Die Unterscheidung der Obst- und Beerenweine von Traubenweinen durch die 
chemische Analyse ist sehr schwierig und kaum möglich; nur das völlige Pehlen von 
Weinsäure und Weinstein ist entscheidend für Obst- und Beerenweine. K. Kulisch 1 ) 
sagt darüber: 
„Der Alkoholgehalt der Obstweine ist meist so niedrig, wie ihn Traubenweine nur 
in ganz geringen Jahren zeigen. Im Verhältnis dazu ist ihr Säuregehalt nicht entsprechend 
hoch, dagegen der nach Abzug der Säure verbleibende Extraktrest, sowie der Aschengehalt 
höher als bei geringen Traubenweinen. Der Stickstoffgehalt der Äpfelweine ist sehr viel 
niedriger, als man ihn gewöhnlich bei Traubenweinen beobachtet. Die Asche der Äpfel 
weine ist an Phosphorsäure ziemlich arm. Diese Angaben haben natürlich nur dann 
Geltung, wenn reine, unverbesserte und uuvermischte Obstweine vorliegen. Wenn diese 
mit etwas Traubenwein verschnitten sind, kann man aus einem niedrigen Gehalt an Wein 
stein und freier Weinsäure keinerlei Schlüsse mehr ziehen, da es Traubenweine gibt, die 
an beiden Substanzen einen sehr geringen Gehalt aufweisen. Nur das vollkommene Pehlen 
beider kann als beweisend gelten.“ 
V. Alkoholfreie Getränke. 
Wogen der Bewegung gegen den Mißbrauch alkoholischer Getränke werden zurzeit 
durch Pressen und Sterilisieren von Obst- und Beerenfrüchten auch sog. „alkoholfreie Weine 
und Getränke“ als Ersatzmittel hergestellt; weil unter „Wein“ ein durch Gärung hergestelltes, 
alkoholhaltiges Getränk verstanden wird, so können diese Erzeugnisse auf die Bezeichnung 
»Wein“ keinen Anspruch machen; sie verdienen eher den Namen „Pruchtsäfte“. 
Die Untersuchung erfolgt dementsprechend auch ganz wie die der gewöhnlichen 
Bruchtsäfte, Pruchtsirupe S. 743 u. 747. Otto und Tolmacz 2 ) bestimmen den Bxtrakt- 
gehalt mit der Öchsleschen Mostwage und dem Ballingschen Saccharometer, Gesamtsäure 
wie hei Wein, die geringen Mengen Alkohol durch Destillation (unter qualitativer Prüfung 
nach der Jodoformprobe S. 260), Invertzucker und Saccharose wie üblich, und die Zuckerarteu 
nach der Clergetschen Formel S. 606 u. 641; für die Polarisation werden 50 ccm Flüssigkeit 
m der Kälte mit gereinigter Tierkohle versetzt, gut durchgemischt, filtriert — bei stark 
ü Landw. Jahrbücher 1890, 19, 83. 
2 ) Zeitsohr. f. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußmittel 1905, 9, 267.
	        
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