Full text: Die Kinderarbeit und ihre Bekämpfung

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nicht die Mühe, ein Gesetz zu entwerfen. 1835 sendet der 
Oberpräsident der Rheinprovinz, v. Bodelschwingh, einen 
Gesetzentwurf ein, der Kindern, die nicht mindestens drei 
Jahre Schulunterricht genossen haben, die Fabrikarbeit 
untersagt und die der unter 12 Jahre alten auf einen 
halben Tag (sieben Stunden) beschränkt. Nichts geschieht! 
1836 brachte der Oberpräsident seinen Entwurf in Erinne 
rung. Alles still! 1837 richtet der rheinische Provinzial 
landtag eine Adresse gegen den Mißbrauch der Fabrikkinder 
an den König. Diese Petition wird 1838 mit der Bitte um 
Beschleunigung in Erinnerung gebracht. Da endlich, 1839, 
wird ein „Regulativ über die Beschäftigung jugend 
licher Arbeiter in Fabriken" erlassen, das die regel 
mäßige Fabrikarbeit unter 9 Jahren verbietet und sie bis 
zum 16. Jahre aus 10 Stunden (zwischen 5 Uhr früh und 
9 Uhr abends) beschränkt. Auch Nacht- und Sonntagsarbeit 
sollte nicht mehr gestattet sein. — Wir haben diese Ent 
wicklung so ausführlich behandelt, weil sie handgreiflich be 
weist, was es mit der Arbeitersürsorge, die die Hohenzollern 
bekanntlich „von jeher" gehegt haben sollen, auf sich hat. 
Und in diesem Falle war, was lange währte, noch nicht 
einmal gut geworden: die Bestimmungen von 1839 blieben 
bedrucktes Papier. Die Kinderausbeutung durch Fabrik 
arbeit blieb bestehen, und mit ihr blieben ihre unheilvollen 
Folgen. 1853 wurde amtlich festgestellt, daß in Preußen 
etwa 8000 Kinder im Alter von 9 bis 12 Jahren und 
24000 von 12 bis 14 Jahren in Fabriken beschäftigt waren. 
Wenn man bedenkt, daß sich die eigentliche Fabrikbevölke 
rung damals in Preußen nur auf zirka eine halbe Million 
bezifferte, so sieht man, daß der verhältnismäßige Anteil 
der Untervierzehnjährigen sehr groß war (6 Prozent). Thun 
sagt über die Kinderarbeit in der Kreselder Scidenindustrie, 
der Gladbacher Baumwollenweberei und der Aachener Tuch 
fabrikation: „Kinder von 5 Jahren an sitzen in der un 
bequemsten Lage, mit zusammengezogenen Beinen und ge
	        
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