Full text: Der Sozialismus

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doch jenen Kontakt mit ihr aufrechtzuerhalten, der eben erforderlich 
ist, um eine Einflußnahme irgendwelcher Art über das Dienstliche 
hinaus auszuüben. Ich selbst kann nur aus deutschen Vorstellungen 
heraus sprechen und möchte mir zunächst erlauben, einige Bemer 
kungen über die Art, wie diese Einflußnahme bei ans verlaufen ist, 
vorausschicken. 
Diese Bemerkungen sind „aus der Froschperspektive“ gemacht. 
D. h.: ich hatte es mir bei zeitweise häufigen Reisen in Deutsch 
land zum Grundsätze gemacht, wenn es sich nicht um sehr lange 
Fahrten handelte und wenn ich nicht sehr anstrengende Tätigkeit vor 
mir hatte, stets dritte Klasse zu fahren, und bin so im Laufe der 
Zeit mit vielen Hunderten von Leuten, die von der Front kamen 
oder nach der Front reisten, zusammengekommen, gerade in jener 
Epoche, wo bei uns das, was man unter Aufklärungsarbeit durch 
die Offiziere verstand, eingesetzt hat. Da habe ich, ohne daß ich 
irgendwelchen Anlaß genommen hätte, die Leute auszufragen oder 
meinerseits zum sprechen zu bringen, außerordentlich. vielfältige 
Aeußerungen darüber von Seite der Leute gehört. Und zwar 
handelte es sich da fast stets um sehr zuverlässige Leute, für welche 
die Autorität des Offiziers felsenfest stand, nur selten auch um 
solche 1 , die eine etwas andere Haltung innerlich einnahmen. Die 
Sache war nun immer die: daß man sehr bald die große Schwierig 
keit jeder Aufklärungsarbeit erkennen mußte. Es war namentlich 
eines: sobald bei den Leuten irgendwie der Verdacht rege wurde, 
daß. es sich um P a r t e i Politik handle, die direkt oder indirekt ge 
fördert werden solle, gleichviel, welcher Art sie war, so war bei 
einem großen Teile von ihnen immer das Mißtrauen da. Sie hatten 
eben, wenn sie auf Urlaub kamen, Beziehungen zu ihren Partei 
leuten und es wurde dann natürlich schwierig, ein wirkliches Ver 
trauensverhältnis zu ihnen aufrecht zu erhalten. Es war ferner die 
große Schwierigkeit vorhanden: die Leute erkannten zwar die mili 
tärische Fachkunde des Offiziers ganz bedingungslos an — das ist 
mir nie anders vorgekommen, so selbstverständlich auch in Deutsch 
land gelegentlich geschimpft wurde, bald über die Stäbe, bald über 
sonst etwas, aber die militärische Autorität ist nie grundsätzlich 
bezweifelt worden; — dagegen stieß man auf das Empfinden: ja, 
wenn wir von Seite des Offiziers über unsere privaten Lebens 
verhältnisse und das, was daraus folgt, belehrt werden, so liegt die
	        
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