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ordinationem ad ultimum fidem.‘“?% Dabei bleibt es sich völlig
gleich, welchen Seinscharakter das Wertesystem trägt.
Wir machen uns diesen Sachverhalt am besten klar mit Bezug
auf. das wirtschaftliche Handeln, um das es uns ja zu tun ist. Es
handele sich um eine Lohnforderung der Arbeiter. Wie entscheiden
wir, ob sie berechtigt ist? Indem wir einerseits feststellen, ob die
[ndustrie sie „tragen‘“‘ kann. Mit dieser Frage entscheiden wir uns
schon für die Notwendigkeit der betreffenden Industrie. Diese mögen
wir begründen mit der Unentbehrlichkeit des Erzeugnisses, es handle
sich z. B. um ein kosmetisches Mittel. Wenn wir dessen Unent-
behrlichkeit behaupten, nehmen wir Partei für eine bestimmte Art
der Lebensgestaltung, womit wir schon im Transzendenten angelangt
sind. Oder wir können die Berechtigung der Lohnforderung ab-
lehnen mit dem Hinweis darauf, daß der erhöhte Lohn die Kapital-
bildung. unmöglich mache, also auch den Kapitalismus. Also halten
wir diesen für erwünscht. Warum? Weil er etwa — im Gegensatze
zum Kommunismus — die persönliche Freiheit besser wahrt. Einen
Wert? Ja — wenn wir bestimmte Anforderungen an die Geltung des
Individuums in der Wirtschaft stellen. Geltung des Individuums in
der Wirtschaft? Entscheid über den Sinn unseres Lebens — trans-
zendent. Wir können aber die Lohnforderung auch bewerten im
Hinblick auf die Bedürfnisse des Arbeiters. Sie etwa als „berechtigt“
ansprechen, weil die Lage des Arbeiters schlecht ist: er hat kein
Auskommen, wenn er vier Kinder hat. Warum hat er nicht bloß
deren zwei? Dann käme er aus. Er soll vier haben, weil die Be-
völkerung sich nicht vermindern oder nicht stabil bleiben soll. Warum
nicht? Weil dann die Machtstellung Deutschlands eine Minderung
arführe. Eine „Gefahr“? Ja — wenn wir bestimmte Ansichten über
15 S, Thom., S. th. Iae IIa qu.go a2 und 3. Vgl. Jos. Mausbach, Katho-
lische Moraltheologie. Bd. I. 5. u. 6. Aufl. 1927. $ 7. — Die Polemik des ge-
schätzten Kollegen gegen mich in seinem Werke: Die katholische Moral und ihre
Gegner (5. Aufl. 1921. Seite 448) ist also, was diesen Punkt betrifft, gegenstandslos.
Man soll mir nicht immer noch meine Auffassung vorhalten, die ich in meinem
Aufsatze über die „Ideale der Sozialpolitik‘ im Jahre 1897 (1) vertreten und in
wesentlichen Punkten geändert habe. Dabei bin ich noch heute der Meinung, daß
lamals meine Ausführungen, die ein erster Angriff auf das Bollwerk der „ethischen“
Vationalökonomie waren. einen „Fortschritt“ für unsern Wissenschaft bedeuteten