Full text: Die Geldvermehrung im Weltkriege und die Beseitigung ihrer Folgen

Aber selbst die Einwirkung einer Vermehrung der realen 
Geldmenge auf die Preise ist noch sehr unvollkommen untersucht, 
infolge des Mangels jeder wirklichen Preistheorie. So hat man 
sich niemals die Frage vorgelegt, wodurch, auf welchem 
Wege und in welcher Weise denn eine Vermehrung der Geld 
menge zu Preissteigerungen führt. Regelmäßig stellt man es sieb 
so vor, als ob eine Vermehrung der Geldmenge mechanisch und 
automatisch alsbald eine Erhöhung der Preise herbeiführte. 
Man hat empirisch festgestellt, daß eine starke Papiergeldvermeh 
rung immer zu sehr ungünstigen wirtschaftlichen Zuständen, nament 
lich zu starken Preissteigerungen führte, hat demgegenüber rein 
empirisch die Verknüpfung der Zahlungsmittel an ein nur beschränkt 
vermehrbares Edelmetall als Schutzmittel gegen die schädliche Geld- 
vermehrung erkannt und hat ebenso rein empirisch die bekannten 
Deckungsvorschriften für die papiernen Zahlungsmittel ge 
troffen. Den tauschwirtschaftlichen Prozeß aber, durch den eine 
Geldvermehrung zu Preissteigerungen führt, hat man sich mangels 
einer richtigen Wirtschaftstheorie niemals klar gemacht. Die 
Quantitätstheorie, von der wir ja schoir gesprochen haben, wurde 
als ein Naturgesetz betrachtet. Wie bei zwei konmmnizierenden 
Röhren das Wasser in der einen steigt, wenn es in der anderen 
vermehrt wird, einen solchen natürlich-mechanischen Prozeß nahn, 
man auch bei der Geldvermehrung und der dadurch herbeigeführten 
Preissteigerung all. Man hielt es für ganz unnötig, noch näher 
die tauschwirtschaftlicherr Vorgänge zu untersuchen, durch die das 
herbeigeführt wird. Das ist die Folge der mechanisch quantitativen 
Auffassung der wirtschaftlichen Vorgänge, die die Betrachtung der 
Veränderungen in den Güterquantitäten als Aufgabe der Volks 
wirtschaftslehre ansieht. Mail muß nur die lleueste Verfeinerung 
der Quantitätstheorie in dem Buche Irving Fishers betrachten, 
der sich rühmt, in Europa und in Amerika gleichgroße Zustimmung 
erfahren zu haben, um zu erkennen, was noch im zwanzigsten Jahr 
hundert an völlig in die Irre gehender ökonomischer Theorie mög 
lich war. 
Die Quantitätstheorie ist in der allgemeinen Fassung, daß, 
wenn die Geldmenge vermehrt wird, die Preise steigen, zwar nicht 
gerade falsch, aber sie ist gar keine Theorie, sie erklärt nichts. 
In Wahrheit gilt sie nur innerhalb der einzelnen Konsum 
wirtschaft und besagt dann nichts weiter, als daß, je mehr „Geld", 
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